Bilderbuch © Neven Allgeier

Bilderbuch – Vernissage my Heart

10
Pop

Und wenn man denkt, dass es das jetzt langsam gewesen sein muss, veröffentlichen Bilderbuch ein neues Album… 

Gewissermaßen passt es an genau die gleiche Stelle in der Diskographie von Bilderbuch, wie das nur kurz zuvor erschienene Album Mea Culpa. Am besten stellt man es sich mithilfe von Paralleluniversen vor: Bilderbuch standen nach Magic Life vor einer Gabelung. Eine, die ihren Weg zwar nicht in komplett unterschiedliche Richtungen teil, aber deutlich zwei verschiedene Pfade erkennen lässt. In einem Universum haben Bilderbuch den Weg Mea Culpa gewählt. Also etwas polierter und glatter als zuvor, trotzdem experimentierfreudig und konsequent. In einem anderen parallelen Universum ist die Band an der Gabelung aber anders abgebogen und statt Mea Culpa ist Vernissage My Heart erschienen. Roher und rockiger. Fast so wie früher, nur neu. Wir haben das Glück, dass in unserem Universum beide Alben erschienen sind. Bilderbuch sind in Topform und wir sind dabei.

Schon die ersten Sekunden von Vernissage My Heart bestätigen den größeren Fokus auf das rohe Instrument, in dem Fall die E-Gitarre. Breit und tief – fast böse – erklingt diese nämlich zu Beginn von Kids im Park. Begleitet wird sie von einem Schlagzeug, das man so gespielt sonst fast nur von Sludge-Alben kennt. Klingen tut es dann aber doch nicht so bitterböse. Die Gitarren bekommen deutlich mehr Platz als auf dem letzten Album. Nicht nur was die Lautstärke angeht, sondern auch räumlich im Mix. Sie klingen ebenso wie das Schlagzeug viel roher und unmittelbarer. Deutlicher lassen sich nun die Musiker beim Ausführen ihres Handwerks erahnen. Auch rhythmisch ist Vernissage My Heart verspielter. Damit ist nicht nur das Album selbst gemeint, sondern besonders der gleichnamige Track, in dem der Bass stark in den Vordergrund rückt. Genauso roh und oldschool wie Gitarren und Schlagzeug.

Gewohnt genial sind neben der Musik auch die Texte. Ganz ins Detail geht Sänger Maurice nicht, wenn er sich darin über jemanden lustig macht, beziehungsweise, ob er das überhaupt tut und wie viele Metaebenen man hineindenken muss. Ein paar Hinweise gibt er uns aber zwischendurch doch. In Frisbee zum Beispiel: „Ihr Busen hüpft, wenn sie den Frisbee catcht und mir wird wieder klar, was mich glücklich macht. Ja, mir wird wieder klar, was mich glücklich macht. Ja, mir wird wieder klar: Meine Erde ist flach.“  Aber auch im Ego-Feuerwerk Ich hab Gefühle„He, ich bin aufgewacht, von Sonne angelacht. Glaub mir das. […] Manchmal da fühl ich diese Welt. Sie braucht mich…“ Und letztlich noch ein Zitat aus Vernissage My Heart: „Triff mich auf der Vernissage. Sippe am Martini bis der Morgen kommt. […] Mama so proud. Papa so proud. Mama so proud.

Vor dem Release des Albums hat der fast 10 Minuten lange Song Europa 22 einiges an Presse gebracht. Bilderbuch haben nämlich gleichzeitig mit der Single eine Website gelauncht, auf der man sich seinen persönlichen Europapass bauen kann. Tausende, darunter auch bekannten Persönlichkeiten wie Sophie Passmann und Jan Böhmermann, haben daraufhin ihren frischen Pass auf Instagram und anderen Kanälen geteilt und so sehr viel Aufmerksamkeit auf das Release des Album gelenkt. Sehr gelungene PR-Aktion also.

Vernissage My Heart hat das Potenzial jene Bilderbuch-Fans zufriedenzustellen, die mit Mea Culpa nicht ganz zufrieden waren und gleichzeitig alle, die es eben doch waren, nochmals positiv zu überraschen. Zum dritten Mal in Folge verdienen Bilderbuch volle Hochachtung. Jetzt reicht es dann aber mit den guten Alben, liebe Bilderbuch-Gang. Danke.

Bilderbuch – Vernissage my Heart, Maschin Records, www.bilderbuch-musik.at