Aaron (c) 2023 Ben Gijsemans, Edition Moderne(8)

Aaron

Aaron verbringt den Sommer bei seinen Eltern. Er muss für zwei Nachprüfungen an der Uni lernen. Er sitzt in seinem alten Kinderzimmer, büffelt, sieht aus dem Fenster. Ab und zu trifft er auch mal einen Freund. Doch die meiste Zeit wirkt Aaron abwesend. Oft beobachtet er einen Jungen beim Fußballspielen, den er von seinem Fenster aus sehen kann. Aaron kämpft mit den unaussprechlichen Gefühlen, die in ihm schwelgen. Er weiß über seine Neigungen Bescheid und will sie dennoch nicht wahrhaben.

In Aaron nähert sich der niederländische Autor und Grafiker Ben Gijsemans einem Tabuthema an. Seine Erzählung über einen jungen Mann mit pädophilen Neigungen geht verdammt tief unter die Haut. Aaron ist still, subtil und unheimlich genau beobachtet.

 

Ben Gijsemans ordnet seine Seiten alle nach dem gleichen strengen Muster an: Jede Seite hat exakt zwölf gleich große Panels. Gijsemans Strich ist einfach und sehr präzise. Das enge Muster spiegelt dabei die beklemmende Situation seines Protagonisten beachtlich wider. Selten wird man als Leser*in einer Graphic Novel derart emotional gefordert wie in Aaron.

Gijsemans starkes Psychogramm lässt es zu, dass wir verstehen, was es für einen Menschen bedeutet, wenn man mit einer Neigung geboren wird, die man sich nicht ausgesucht hat. Ja, die man noch nicht mal haben will. Und dennoch ist diese Erzählung zu keinem Zeitpunkt verharmlosend. Aaron zeichnet auf höchst schmerzvolle Weise den inneren Leidensweg eines Mannes nach, aus dem es einfach keinen Ausweg gibt.

Aufwühlend, unangenehm und dennoch behutsam und ohne leichte Antworten erzählt, ist Aaron ein absoluter Ausnahme-Comic. Von Ben Gijsemans wirklich toll ausgedacht und umgesetzt. Wer sich auf die schwere der Thematik einlassen kann, wird hier mit einer tiefschürfenden Arbeit belohnt, die lange nachwirkt.

Aaron von Ben Gijsemans, 216 Seiten, erschienen bei Edition Moderne.

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