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Otogi Katsugeki Mameda No Bakeru: Oracle Saitarou No Sainan!!

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Plattformer

Videospielentwicklung hat in der westlichen Hemisphäre einen ganz speziellen Weg eingeschlagen, der seit Jahrzehnten beschritten wird und der Spielevielfalt außerhalb vom Indie-Sektor einen Riegel vorschiebt. Vom interaktiven Film zur freien Leinwand für Pen&Paper-Freunde, die Massentauglichkeit dieser interaktiven Fließbandware steht in Sachen Berechenbarkeit und Einfallsreichtum einem Menü der Systemgastronomie in nichts nach. Fünf-Jahre-Entwicklungszyklen zwingen Spieleentwickler, jeden noch so halbgaren Trend in das Werk zu pressen, “Live Service”, “Skilltree”, “Squeezing Sequenz” – alles muss bis zur Deadline rein. Eine exzentrische Vielfalt, die etwa in Japan zwischen 16- und 32Bit um die 2000er Jahre herum herrscht hat, auf dem internationalen Parkett schon lange nichts mehr verloren.

Retro nennt man das heute, wenn ein Spiel mal eine bunte Farbpalette auspackt. Aber se es drum: Erinnern wir uns eben an das Klima von damals. Eine völlig unbegreifbare Kombination aus Konservatismus und Kreativität feuert in Japan aus allen Rohren. Von dröhnenden Spielautomaten, die gegenseitig in kleinen Arealen um Aufmerksamkeit konkurrieren, zu winzigen exzentrischen Spieleschmieden, in denen absolute Tech-Nerds ihre Liebe zu Anime und Manga in Pixel-Art quetschen, immer auf der Suche nach dem nächsten Mario. Als Sony mit der Marke Playstation anrückt, wirkt das Feld der Spieleentwickler wie eine reichhaltige Landschaft aus Underground Musik-Labeln: Alles geht, was denkbar ist.

Wohin diese Vielfalt verschwunden ist darf man heute rätseln, aber es gibt auch nicht viele Publisher, die solche kleine Spieleschmieden am Leben erhalten. Nintendo fällt einem da zuerst spontan ein und hält, wie aus unserer Berichterstattung ersichtlich, immer wieder auch kleine launische Studios wie etwa Good-Feel an der Stange.

Eben solches hat sich nun erstmals seit langer Zeit mal wieder getraut einen Titel zu machen der japanischer nicht sein könnte. Otogi Katsugeki Mameda No Bakeru: Oracle Saitarou No Sainan!! kommt mit allem, was man von einem Kulthit aus den 90ern erwarten darf: Eingängiges reibungsloses Action-Gameplay, eine Explosion aus Farbvielfalt und Liebe zu Musik, konzentrierter Blödsinn von der ersten bis zur letzten Sekunde und das Wichtigste – Ein Release ausschließlich in Japan.

Das Spiel ist im Grunde ein Arcade-Plattformer, wie man ihn nur noch selten vors Gamepad bekommt. Gibt es zwar in Sachen Farbenpracht so einige Indie-Spiele, niemand liefert aber die technische Exzellenz eines First-Party Switch-Entwicklers.

Das Spiel verlangt, in unmissverständlichen Zügen, 60 FPS. Sinnlos zu erklären, wieso man mit zwei Angeln bewaffnet dutzende Gegner zerplatzen lässt und dabei mit ansieht, wie sie in knackigen Animationen in hunderte Münzen zerschlagen werden, die wiederum in einem Rausch aus Endorphinen aufzusammeln sind, ohne dass die Framerate auch nur eine Sekunde ins Stocken gerät. Wichtig ist nur, dass es geht.

Kaum ein Studio hat in den letzten sieben Jahren die Switch so dermaßen selbstbewusst zur Schau gestellt, sodass, für die Plattform unüblich, ein Rausch für die Sinne entsteht. Die Levels sind offen, weitläufig, vielzählig und erinnern an alles, was im Genre derzeit Sache ist – von Super Mario Odyssey zu Kirby And The Forgotten Land. Minispiele finden sich mit erfreulicher Regelmäßigkeit und all das wird begleitet von einem Soundtrack, der dem Zenit aus dem Zeitalter des Konami Kukeiha Club in nichts nachsteht.

Mameda no Bakeru ist ein Feuerwerk der Sinne, ein absolutes Fest für jeden, der Japan von seiner buntesten Seite kennenlernen will. Das Spiel ist bis zum Bersten gefüllt mit großartigen Ideen, die man gespielt haben sollte. Die Tatsache, dass der Titel nur als Import zur Verfügung steht, gehört eigentlich schon fast in die Kategorie “Authentizität” für das echte 90er-Feeling. Solange man das Spiel auf praktisch jeder Switch zum Laufen bekommt, sollen ein paar japanischen Bildschirmtexte den Spaß nicht trüben.

Plattform: Switch (Import-Version getestet), Spieler: 1, Altersfreigabe (PEGI): K.A., Release: 30.11.2023, Link zur offiziellen Website