Assassin’s Creed
Assassin’s Creed ist Hollywoods neuester Versuch, das Vorurteil zu widerlegen, dass Videospiele einfach nicht akzeptabel auf die große Leinwand zu bannen sind. Namhafte Stars wie Michael Fassbender und Marion Cotillard sollen dabei behilflich sein.
Man hätte sich natürlich auch schlechtere Vorlagen suchen können: Die langlebige Videospielreihe Assassin’s Creed baut auf einer gekonnten Vermischung prägnanter Szenarien aus diversen historischen Epochen mit einer umfassenden Zukunftsvision auf und konnte sowohl bei Gamern wie Kritikern (zumeist) positive Reaktionen hervorrufen.
In der Rolle unterschiedlicher, oft aber blutsverwandter Attentäter werden penibel genau nachrecherchierte Spielwelten präsentiert, die vom renaissancezeitlichen Venedig bis zum viktorianischen London reichen und als Schlachtfelder für die offensichtlich persistente Fehde zwischen Assassinen (gut) und Templer (böse) dienen. Als Rahmenhandlung wird zudem eine nicht allzu fern anmutende Zukunft etabliert, in der durch eine technische Errungenschaft die „genetischen Erinnerungen“ von Vorfahren erlebbar gemacht werden können.
Soweit, so umfangreich. Regisseur Justin Kurzel setzt nun nach seinem Überraschungserfolg Macbeth erneut die Schauspielpaarung Fassbender (der zudem als Produzent des Films fungiert) und Cotillard in Szene. Erste Trailer versprachen der Zielgruppe alles, was verlangt wurde: Kompetente Besetzung, starke Bezugnahme auf die Videospielserie abseits der Betitelung und jene waghalsigen Kampf-, Kletter- und Parkour-Manöver, welche Assassin’s Creed in Verbindung mit historischen Epochen bekannt gemacht haben.
Die Problematik von Videospielverfilmungen liegt grundsätzlich nicht an der Besetzung, der Regie oder an der Präsentation selbst, sondern an der Tatsache, dass die Handlungen in Videospielen in der Regel mithilfe des Gamedesigns erzählt und durch die Interaktion des Spielers vorangetrieben werden. Der Film als Medium offenbart nicht die Möglichkeiten eines Spiels, mit unterschiedlichen Regeln, Systematiken oder Mechaniken zu interagieren, weswegen bei der notwendigen Subtraktion „gezwungenermaßen“ die Story selbst als Fokus herhalten muss – und dies dann noch komprimiert auf etwa zwei Stunden (statt etwa jene nach Genre von 10 Stunden aufwärts).
Aber daran scheitert Assassin’s Creed in Filmform theoretisch nicht, ist doch die erwähnte Videospielhandlung in ihren Grundzügen komplett übernommen worden und vermag mit seinen Anleihen an Sci-Fi-Blockbustern wie Total Recall (Erinnerungen werden erlebbar gemacht, ein Durchschnittsbürger wird zur scheinbar unbezwingbaren Kampfmaschine) oder Matrix (das Wechselspiel zwischen Realität und Zukunft bzw. hier Vergangenheit) Interesse zu erwecken. Die Probleme des Films sickern langsam aber sicher zum Zuseher durch und beginnen bei den schwachen Charakteren: Fassbenders Antiheld Callum Lynch werden etwa herausragend schlechte Dialogzeilen in den Mund gelegt („You’re here to save my soul?„), auch Cotillard als dubiose Wissenschaftlerin Sophia Rikkin scheint wie von Sinnen Belanglosigkeiten in den Raum zu werfen („Your blood is not your own„, „Welcome to the Spanish Inquisition„). Altgediente Stars wie Charlotte Rampling, Brendan Gleeson und Jeremy Irons lassen Filmfans mit Schleudertrauma vor lauter Kopfschütteln angesichts vergeudeter Einsätze bzw. Möglichkeiten zurück.
Actionfans werden von Assassin’s Creed einigermaßen enttäuscht sein, sind doch entsprechende Szenen zwar teilweise akzeptabel ausgestaltet worden (eine Verfolgungsjagd durch Häuser und über Dächer gegen Mitte des Film stellt den Höhepunkt dar), bleiben dabei aber nur auf eine Handvoll beschränkt und zu weit in der knapp zweistündigen Laufzeit voneinander verstreut, um der Handlung den notwendigen Schwung einzuverleiben. Die betreffenden Sequenzen, in denen Fassbender und Co. als hübsch verkleidete Attentäter zur Zeit der spanischen Inquisition einem Sci-Fi-MacGuffin (Der „Apple of Eden“ erlaubt die Kontrolle über den freien Willen der Menschheit – oder ähnliches) hinterher jagen, lassen den Puls der Zuseher wie auch Schauspieler zumindest kurzzeitig in die Höhe schnellen.
So geht auch Assassin’s Creed den Weg aller bisherigen Videospielverfilmungen: Eine potentiell interessante Handlung wird mit Blendwerk in Form von fähigen Schauspielern und üppiger Ausstattung versehen, um über die Tatsache hinweg zu täuschen, dass hier nichts relevantes erzählt bzw. gezeigt wird. Fassbenders Figur bleibt wie der Großteil aller anderen Charaktere leblos und uninteressant, auch die vereinzelt nett choreographierten Actionszenen können nicht die immer wieder schnell einkehrende Langeweile beim Zuseher abwenden. Eventuell für Fans der Videospielserie interessant, diese dürften aber mit dem vergleichbaren Prince of Persia von 2010 (Jake Gyllenhaal und Ben Kingsley) besser aufgehoben sein – oder mit dem Griff in Richtung Gamepad.
Regie: Justin Kurzel, Drehbuch: Bill Collage, Michael Lesslie, Adam Cooper, Darsteller: Michael Fassbender, Marion Cotillard, Jeremy Irons, Brendan Gleeson, Charlotte Rampling, Michael Kenneth Williams, Filmlänge: 115 Minuten, Kinostart: 27.12.2016, assassinscreed-derfilm.at