Der Mann, der Chris Kyle erschoss (c) 2021 Fabien Nury, Brüno, Carlsen Verlag(2)

Der Mann, der Chris Kyle erschoss

Chris Kyle ging in die amerikanische Geschichte als „tödlichster Sniper“ aller Zeiten ein. Auf sein Konto gehen 160 „confirmed kills“, also bestätigte tödliche Schüsse. Er selbst behauptet von sich (u.a. in seiner eigenen Autobiografie) weit mehr Menschen getötet zu haben. Er will, neben seinen vier Einätzen im Irak, auch in der eigenen Heimat, während Hurrikan Katrina gewütet hat, 30 Zivilisten, die plündern wollten, vom Dach aus erschossen haben. Nichtsdestotrotz gilt er in den USA als Held. Nach seinen Kriegserfahrungen kümmerte er sich um traumatisierte Veteranen, mit denen er am Schießstand seiner eigenen Interpretation von Therapie nachging. Einer dieses traumatisierten Herrn war Eddie Ray Routh, der Chris Kyle zusammen mit seinem Buddy am Schiesstand niederschoss.

Clint Eastwood verfilmte Chris Kyles Geschichte bereits einmal (American Sniper). Das französische Autoren/Zeichner-Duo Nury und Brüno setzt ihm jetzt noch ein Comic-Denkmal unter dem Titel Der Mann, der Chris Kyle erschoss. Passender wäre eventuell der Titel Chris Kyles Witwe oder American Widow gewesen, denn tatsächlich wird über weite Teile hinweg ihre Geschichte erzählt. Über Eddie Ray Routh hingegen erfährt man gar nicht allzu viel, was man nicht schon vorher wusste – vorausgesetzt man hat sich dafür interessiert. Der Comic behandelt – wie der Film auch – das Leben von lauter, naja, nennen wir es mal streitbaren Personen.

Dabei bleibt die Absicht der Macher ähnlich ambivalent, wie die Menschen, die sie porträtieren. Der Mann, der Chris Kyle erschoss ist definitiv faszinierend und liest sich flüssig und spannend. Dennoch bleibt der schale Nachgeschmack einer Heroisierung eines schwer rechtslastigen Massenmörders. Zwar lassen die Autoren die Zwiespältigkeit durchscheinen. Am Ende steht dennoch Chris Kyles Denkmal. Diskurs bleibt natürlich immer wünschenswert. Und am Ende muss sich jeder der möchte selbst ein Bild verschaffen.

Der Mann, der Chris Kyle erschoss von Fabien Nury und Brüno, 176 Seiten, erschienen im Carlsen Verlag.

Der Mann, der Chris Kyle erschoss