Katzenauge-(c)-1985,-2017-Koch-Films(3)

Katzenauge

Liebe Leserschaft, die ihr da wandelt auf den wenig erleuchteten Pfaden der Filmlandschaft. Ich erfreue mich (und hoffentlich euch) nun bald schon 1,5 Jahre damit, tief in der Tonne zu wühlen, um euch ungehobene Schätze, verkannte Meisterwerke oder manchmal auch einfach nur üblen Trash in dieser Kolumne zu präsentieren. Mehr als einmal musste ich dabei lernen, wenn ich dann einen angedachten Film zum zweiten Mal sah, um darüber schreiben zu können, dass meine Erinnerung an den Streifen deutlich besser war. Umso erfreulicher ist es also, wenn das höchst seltene Gegenbeispiel dazu vorkommt. Daher präsentiere ich euch heute einen Film, über den ich ursprünglich gar nicht schreiben wollte – da ich ihn weitaus schlechter in Erinnerung hatte, als er tatsächlich ist.

Katzenauge

OT: Cat’s Eye, USA, 1985, Regie: Lewis Teague, Drehbuch: Stephen King, Darsteller: James Woods, Drew Barrymore, Robert Hays, u.a.

 

Drei inhaltlich nicht miteinander verknüpfte Episoden, die durch eine Katze im äußeren Rahmen zusammengehalten werden. Das streunende Tier wird dabei Zeuge zweier unglaublicher Geschichten, bevor sie dann in der finalen, dritten Episode selbst zur Protagonistin wird. In der ersten Episode sucht Kettenraucher Richard (James Woods) Hilfe zum Entwöhnen bei der äußerst dubiosen Agentur Quitters, Inc., deren Methoden zwar radikal, aber auch hoch effektiv sind. In der zweiten Geschichte lässt der gehörnte Gangsterboss Cressner den Liebhaber seiner Frau eine letzte Chance zum Überleben: Sollte es Johnny (Robert Hays) gelingen, das Penthouse in der obersten Etage eines Hochhauses von außen, auf einem schmalen Mauervorsprung balancierend zu überrunden, darf er sein Leben und die Frau des Gangsterbosses behalten. In der dritten und letzten Episode läuft der streunende Kater einer Familie zu. Die kleine Amanda (Drew Barrymore) verliebt sich sofort in das Tier, nennt ihn „Der General“ und möchte ihn behalten. Sie hat die Hilfe des Generals auch bitter nötig. Denn auch wenn ihre Eltern ihr nicht glauben: In Amandas Kinderzimmerwand lebt ein fieser Troll, der in der Nacht herauskommt, um ihr den Atem zu stehlen…

Katzenauge ist nach Creepshow Stephen Kings zweites Originaldrehbuch. Wie Creepshow ist auch Katzenauge ein Anthologiefilm, wobei King hier mit den ersten beiden Storys Quitters, Inc. und Der Mauervorsprung zwei Kurzgeschichten aus seiner Sammlung Nachtschicht adaptiert hat. Die letzte Geschichte Der General wurde eigens für Katzenauge kreiert. Der Film will vor allem als Hommage an Twilight Zone verstanden werden – und funktioniert als solches großartig. Alle drei Geschichten sind spannend, witzig, skurril und verdammt unterhaltsam.

Zudem gibt es Anspielungen en masse ans restliche King-Werk (bis dato), filmisch wie literarisch. Regisseur Lewis Teague hat zwei Jahre zuvor mit Cujo bereits eine recht gelungene King-Verfilmung abgeliefert. So lässt er in Katzenauge gleich zu Beginn den Kater von demselben wildgewordenen Bernhardiner verfolgen. Kurz darauf wird der Kater dann beinahe von einem Wagen überfahren, der wohl nicht zufällig an das Auto Christine erinnert. Im Fernsehen läuft an einer Stelle Dead Zone und Amandas Mutter liest im Bett den Roman Friedhof der Kuscheltiere.

Aber Katzenauge ist natürlich weit mehr als eine Aneinanderreihung voller Inside-Jokes. Die Spannung wird gekonnt von Anfang an angezogen. Während das Handlungsgeschehen in Quitters, Inc. vor allem zynisch und schwarzhumorig daherkommt, wird Der Mauervorsprung zu einem echten Nägelbeisser. Mit böser Schlusspointe. Das eine kommen würde, war wohl klar. Aber diese kommt dann doch ziemlich unerwartet. Die letzte Episode besticht dann mit schönem 80er-Gruselcharme. Im Grunde eine Kindergeschichte. Wäre da am Schluss nicht doch noch eine kleine Splatterei. 80er halt.

Drew Barrymore, damals 10 Jahre alt, darf bereits ein Jahr nach Der Feuerteufel wieder in einem King-Film eine tragende Rolle spielen. Produzent in beiden Fällen war Dino De Laurentiis, der sehr beeindruckt war von ihrer Performance im Vorgängerfilm. Ebenso wie Stephen King, der ihr die Rolle auf den Leib schrieb. Der Film selbst war ein moderater Erfolg und erhielt damals eigentlich auch durchaus wohlwollende Kritiken. In der Flut der King-Verfilmungen der kommenden Jahre bekam er aber bald den Ruf als verzichtbares Vergnügen. Zu Unrecht sag ich euch! Ein großes Filmvergnügen für die ganze Familie. Fast. Sagen wir für die Familie ab 10.

Das war’s für heute. Ich wühle weiter in der Tonne. Wir lesen uns. Bis dahin glaubt euren Kindern wenn sie meinen, da ist was im Schrank. Und bleibt seltsam!