Joker: Folie à Deux
Joker: Folie à Deux ist der zweite Joker-Spielfilm von Regisseur, Autor und Produzent Todd Phillips. Dass der Erstling aus dem Jahr 2019 dermaßen einschlagen würde, war durchaus eine Überraschung. Klar, die Verpflichtung von Joaquin Phoenix als Joker machte auf jeden Fall mal Appetit. Aber dass der dann dermaßen aufdrehen würde (Hauptdarsteller-Oscar inklusive), das hatte man dann doch nicht erwartet. Dabei war Joker, soweit muss man im Rückblick ehrlich sein, inhaltlich/narrativ gar kein so toller Film. Aber das atemberaubende Schauspiel von Phoenix und Todd Phillips stylische Inszenierung, als Hommage ans New Hollywood der 70er Jahre Kino gedacht, elevierten den Film über sein inhaltliches Mittelmaß hinaus und machten ihn zu etwas besonderem.
Nun, fünf Jahre später, folgt der unvermeidliche Nachschlag. Immerhin hat Joker fett Kohle gemacht, wurde damals sogar der lukrativste R-Rated-Movie aller Zeiten. Diesen Rang hat ihm in der Zwischenzeit allerdings Deadpool & Wolverine abgenommen. Ob Folie à Deux das wiederum übertrumpfen wird, darf angezweifelt werden. Bei seiner Premiere in Venedig vor einem Monat wurde der zweite Joker-Film jedenfalls eher verhalten aufgenommen. Nun ist die Wartezeit endlich vorbei: Folie à Deux startet auch in unseren Kinos und das Publikum darf sich eine eigene Meinung bilden. Was uns zum nächsten Punkt bringt – unsere Meinung zu Joker: Folie à Deux.
Ein ganz kurzer Blick auf die Handlung (viel gibt es da aber auch nicht zu erzählen): Zwei Jahre nach den Begebenheiten des Vorfilms sitzt Arthur Fleck (Joaquin Phoenix) abgemagert und gebrochen im Gefängnis und erwartet seinen Prozess. In einer Singgruppe im Häf’n lernt er die psychisch labile Lee Quinzel (Lady Gaga) kennen. Die beiden verlieben sich ineinander und träumen vom Ausbruch und einem neuen Leben.
Kommen wir nun also zum Kern. Joker: Folie à Deux ist ganz großes Wtf?!-Kino. Den Großteil der Spielzeit fragt man sich, was die Macher denn nun eigentlich damit wollen – und wann der Film eigentlich beginnt. Spoiler: Nie! Inhaltlich ist Folie à Deux papierdünn und hat dem Vorfilm einfach nichts hinzuzufügen. Speziell kurios dabei: die Hälfte des Films spielt vor Gericht, wo nochmal haarklein die Ereignisse des ersten Teils nacherzählt werden. Hier wirkt Joker 2 ein wenig wie eine Traumatherapie-Sitzung, wo alles noch einmal aufgearbeitet wird.
Der Film dauert 138 Minuten und ist dabei durchgehend erstaunlich freudlos und actionarm angelegt. Todd Phillips interessiert sich nur noch für das persönliche Psychodrama seiner Hauptfigur – und für sonst nix. Warum er sich dabei dem Mythos liebgewonnener Comicfiguren bedient, war ja schon beim ersten Film ein wenig rätselhaft. Denn bis auf einige Namen und Orte, hat das hier wirklich gar nichts mehr mit dem Batman-Mythos zu tun. Auch die Frage, ob denn nun Lady Gaga eine gute Besetzung für Harley Quinn sei, erübrigt sich vollkommen. Denn Gagas Lee Quinzel hat gar nichts mehr mit der Comicfigur gemeinsam. Auch nichts mit Margot Robbies Interpretation. Sie wird ja noch nicht mal ein einziges Mal in Joker: Folie á Deux als Harley Quinn bezeichnet. Die Täter/Opfer-Dynamik der beiden Figuren wird dann auch noch komplett ins Gegenteil verkehrt. Klar, dieser Joker hier – oder Arthur Fleck – ist ein Prügelhund, dem einfach keine Sekunde Gnade gewährt wird.
Soweit klingt das alles erstmal also eher schlecht. Kommen wir nun aber doch noch auf ein paar Pluspunkte zu sprechen. Die Schauspieler: Da ist weiterhin alles optimal. Phoenix spielt deutlich zurückgenommener als bei Nummer Eins, und das passt sehr gut so. Gaga gibt eine spannende Performance, wird aber insbesondere in der zweiten Hälfte komplett verschenkt. Überhaupt ist es die erste Hälfte des Films, die bei uns die Neugierde weckt und erstmal spannend wirkt.
Weiters tadellos am Joker-Set: Inszenierung, Kamera, Kostüme, Set Design, Musik. Joker 2 ist nach wie vor technisch brillant umgesetzt. Und der Musical-Aspekt ist auch gar nicht so ein Cock-Blocker, wie von vielen befürchtet. Er ergibt sich eigentlich recht natürlich aus der Handlung heraus. Auch wenn vielleicht 1-2 Gesangseinlagen zu viel dargeboten werden und Joaquin Phoenix nicht unbedingt der geborene Sänger ist. Dafür hat man ja schließlich Lady Gaga engagiert.
Und eines kann man auch sagen: Die Konsequenz mit der hier durchgezogen wird, jegliche Publikumserwartung zu unterwandern, das ist dann doch auf seine Art recht mutig und radikal. Folie á Deux macht es einem wirklich nicht besonders leicht, ihn zu mögen. Und gerade das, so finden wir, macht ihn dann wieder interessant genug. Diese Folie à Deux (also eine „gemeinsame Geistesgestörtheit zu zweit“) ist schon sehr speziell.
Kein Witz – Joker: Folie à Deux ist kein bisschen lustig. Es ist eins der bittersten und düstersten Dramen der letzten Zeit. Wenn man sich darauf einlassen kann, dann kann der Film zwar ganz anders, aber ähnlich stark beeindrucken wie der erste Joker.
Und auch wenn es auf den ersten Blick jetzt vielleicht nicht unbedingt danach aussieht, wir halten es durchaus für möglich, dass Phillips und Phoenix Joker noch zu einer Trilogie werden lassen. Und vielleicht ist dann im Rückblick Folie à Deux dann einfach das schwierige, aber notwendige, Mittelstück dazu gewesen.
Regie: Todd Phillips, Drehbuch: Scott Silver, Todd Phillips, Darsteller: Joaquin Phoenix, Lady Gaga, Brendan Gleeson, Catherine Keener, Zazie Beetz, Filmlänge: 138 Minuten, Kinostart: 04.10.2024