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The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom

10
Action-RPG

200 Stunden sind vergangen und ich schalte die große finale Neuerung frei, die es in der schier endlos wirkenden Welt von The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom zu entdecken gibt. Schon wieder ein Game-Changer, der die gigantische Welt in neuem Licht erstrahlen lässt. Es ist sicher schon das vierte oder fünfte Mal, dass ein Upgrade noch einmal alles umdreht, ich bin schon fast daran gewöhnt. Mittlerweile bleibt mir kaum noch die Wahl als zuzugeben, dass das Erlebnis das Nintendo mit seinen Trailern in den letzten Monaten verkauft hat mit dem, was ich nun tatsächlich erlebe, völlig disjunkt sind.

Wir haben es ja schon länger gewusst: Tears of the Kingdom wird ein Sequel wie kein anderes. War Breath of the Wild zuvor noch ein Feuerwerk der Innovation, das die Videospielbranche bis heute prägt, so schien es dass sich Tears of the Kingdom nun gemütlich auf den Lorbeeren ausruhen kann. Eine identische Welt – das klingt für Spieler, die mit der gigantischen Landschaft des Vorgängers vertraut sind, fast wie eine Drohung. Zum Charme der Zelda-Reihe gehört doch zumeist die Neuinterpretationen altbekannter Charaktere oder Orte zu entdecken. Was steckt nun also hinter dieser glorifizierten DLC-Erweiterung?

Nehmen wir mal an, mit Breath of the Wild haben die Entwickler das Thema Hyrule gelöst. Alle primären Fragen, wo liegt die Wüste, wo findet sich Schloss Hyrule, etc sind gelöst und dienen somit als Ausgangspunkt für die Entwicklung eines neuen Abenteuers. Was fehlt?

Die erste Antwort darauf ist ganz klar ein großer Fokus des Sequels: Höhlen und Innenräume. Wer die Welt von Hyrule nämlich schon erkundet hat, der kennt diesen Schwachpunkt nur zu gut. Bereits aus der Ferne sieht man stets alles und mit fortgeschrittenem Spielverlauf wird das Erkunden dadurch sehr vorhersehbar. Das ändert sich aber natürlich mit den knapp 200 versteckten Höhlen, die die bekannte Welt mit genau der richtigen Menge an Unberechenbarkeit anreichern. Man weiß auch nie wirklich, was einen beim Betreten erwartet: Von Puzzles, zu langen Labyrinthen gibt es nichts, was es nicht gibt. Überhaupt prägt das Wiederverwenden der Land-Geometrie das Erlebnis kaum: Ein Gefühl des Deja Vu kommt eigentlich kaum auf, da die Landschaft mit ganz anderen Momentaufnahmen gefüllt ist. Nur hier und da erinnert man sich mal an eine Ecke aus dem Vorgänger.

Die zweite Kernidee war es den Himmel mit schwebenden Inseln anzureichern. Was spannend klingt, ist dabei aber recht berechenbar: ein paar dutzend kleine Inseln gibt es zu erkunden, die meist kleine, abgeschlossene Aufgaben bereit halten und ein wenig den roten Faden missen lassen.

Passend zu diesen Neuerungen bekommt Link neue Fähigkeiten verpasst, die das Erkunden prägen: Da wäre die Möglichkeit durch die Decke in den Bereich darüber zu tauchen und so jeder Höhle problemlos zu entkommen oder auch mal geheime Bereiche zu Erreichen. Das große Kernfeature ist aber die Ultra-Hand, mit der Link physische Objekte zusammenkleben kann und so abenteuerliche Konstrukte entstehen, mit denen er unter anderem die Lüfte erobert. Eine runde Neuerung ist es auch Objekte mit Waffen zu kombinieren. Dadurch entstehen dutzende wahnwitzige Kombinationen für Schwerter und Pfeile, deren Effekte zum Experimentieren einladen.

Fehlt aber nun noch der dritte Kernfokus des Spiels, den Nintendo bis zuletzt komplett unter Verschluss hielt. Allein damit wird aus dem DLC-artigen Sammelsurium an Erweiterungen ein wahrhaftiges Sequel und Meisterwerk: Unter Hyrule befindet sich im Untergrund noch einmal die gesamte Landkarte mit invertierter Geometrie als komplett in schwarze Dunkelheit getauchte furchteinflößende Unterwelt. Und genau diese Unterwelt ist es, die dem Abenteuer seine wahre Identität verleiht. Link sieht unten nicht nur schwarz, die Umgebung ist gefüllt mit den tödlichsten Gefahren, denen er je ausgesetzt war. Link muss Lichtpflanzen sammeln um die Umgebung auszuleuchten. Nur so lässt sich erahnen, wie sich die Landschaft vor ihm entwickelt. Unvergleichbar ist die Atmosphäre beim Erklimmen einer endlos wirkenden Wand einen Lichtpfeil auszuschicken, nur um festzustellen, dass dieser in einen endlos wirkenden dunklen Abgrund fällt, der in keinster Weise Sinn zu machen scheint. Nach und nach schaltet man großflächige Beleuchtungen frei und entdeckt im Spielverlauf immer wieder Neuerungen, die das Erkunden deutlich einfacher machen. Schicht um Schicht muss man seine ganze Kreativität einsetzen, um das Letzte aus dem Gebiet herauszuholen. Atmosphärisch erkundet das Spiel hier absolutes Neuland.

Abgesehen davon sammelt Link aber wie gewohnt Upgrades und Story-Flashbacks; Schreine wollen wie im Vorgänger gefunden werden. Deren segmentierte Aufgaben, die nebenbei bemerkt auch deutlich besser umgesetzt sind als zuvor, locken mit Health- und Stamina-Upgrades. Rüstungselemente wollen nicht nur in all den beschriebenen Umgebungen gefunden werden, sondern benötigen erneut eine Vielzahl an Loot zum Upgraden. Diese gibt es als Belohnung, wenn man sich den unzählig gewordenen Gegnerscharen stellt, die in allen Ecken der Welt zu finden sind. Es findet sich eine solide und perfekt abgestimmte Erweiterung der Gegnerpalette, die das Spiel auch zum Ende hin äußerst abwechslungsreich gestaltet und das Maximum aus dem Spielsystem holt. Beinahe Fußnote sind bei all der erschlagenden Vielfalt die Dungeons, die nun wieder Teil des Spielablaufs sind.

Fassen wir zusammen: The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom ist ein Spiel, das insgesamt zwölf Jahre Entwicklung auf dem Buckel hat. Es nimmt alles mit, was für Breath of the Wild entwickelt wurde und baut darauf eine schier gigantische Erweiterung, die sowohl quantitativ als auch qualitativ neue Maßstäbe setzt. Der Titel bietet zwar wenig wirklich eingängige Höhepunkte, hat aber eine unendlich wirkende Anzahl an kleinen, persönlichen Abenteuern im Gepäck. Eine so umfassende Sammlung an Ideen gab es in dieser Form wohl noch nie. Hier wird absolut jeder Spieler satt, egal wie viel Zeit er im Gepäck hat.

Plattform: Switch (Version getestet), Spieler: 1, Altersfreigabe (PEGI): 12, Release: 12.05.2023, Link zur Homepage