Eden

In ferner Zukunft: Um der endgültigen klimabedingten Zerstörung unseres Planeten entgegen zu wirken, hat die Menschheit vor Jahrzehnten 13 Zonen geschaffen, die der Natur zurückgegeben wurden. Tausende von Quadratkilometern wurden entvölkert, abgeriegelt und gelten nun als die grüne Lunge unserer Erde. Immer wieder schaffen es jedoch Menschen in diese Gebiete vorzudringen. Aus Spaß, Neugierde, Kick oder für die Jagd. Von den Wenigen, die das schafften, kehrten noch Weniger jemals zurück. Jenns Mutter Kat gilt seit Jahren vermisst. Doch Jenn hat Grund zu der Annahme, dass ihre Mutter noch am Leben ist. Und zwar in Eden, der größten und ältesten, der 13 Zonen. Unter Vortäuschung falscher Tatsachen dringt Kat mit einem kleinen Team in Eden ein, angeleitet von ihrem Vater Dylan. Doch die Natur in Eden hat sich vom Menschen längst weg- und weiterentwickelt – und hat ihre eigenen Methoden auf Eindringlinge zu reagieren.

Aus dem Mann schoss stoßweise Wasser. Seine leeren Augenhöhlen, die Ohren und sein offenen Mund formten kleine Fontänen wie bei einem Springbrunnen.

Eden ist ein Öko-Sci-Fi-Thriller des britischen Autor Tim Lebbon, und erschien soeben in sauberer Übersetzung im Cross Cult Verlag. Jener ist eigentlich hauptsächlich auf Comics spezialisiert – aber eben nicht nur. Über die Jahre erschienen immer wieder feine Romane aus den Genres Fantasy, Horror und Science Fiction. Die Story von Eden ist gut erdacht und umgesetzt, auch wenn die Vorbilder klar erkennbar sind. Etwa Picknick am Wegesrand der Brüder Strugazki, oder Auslöschung von Jeff Vandermeer. Dennoch ist Tim Lebbon nicht ein schlichter Kopist, sondern schafft seine eigene Geschichte überzeugend umzusetzen. Die dichte Atmosphäre zählt zu den großen Stärken des Romans, besonders in der ersten Hälfte. Zu Beginn lässt sich Lebbon hier viel Zeit um seine Figuren und die Umwelt von Eden aufeinander prallen zu lassen. In der zweiten Hälfte dominiert dann atemlose Action.

Der Wald ist meine Welt. Ich verstehe seine Gerüche und Klänge, das Kommen und Gehen von Tag und Nacht durch die Bäume. Ich kenne seine Pflanzen und Tiere, seinen Rhythmus und seine Jahreszeiten. Jetzt lebe ich in einem Gebäude tausendfünfhundert Kilometer entfernt. Meine Familie hat ein Zimmer fünfzehn Etagen über dem Boden. Ich hatte niemals eine Wahl. Und sie sagen uns, dass wir Glück hatten.

Tim Lebbon hat sich nicht zuletzt einen Namen als Autor von Fortsetzungen beliebter Franchise gemacht, wie Alien oder Star Wars. Besonders erfolgreich war sein eigenständiger Roman The Silence, der kürzlich auch für Netflix verfilmt wurde. Nach Verfilmung schreit auch förmlich jede Seite von Eden. Die visuelle Ebene legt Tim Lebbon in seinem Roman bereits äußerst wortreich vor. Man kann sich das alles sehr gut für die große (oder auch kleine) Leinwand vorstellen. Für Genre-Fans gibt es hier zwar eventuell nicht viel Neues, aber Eden ist zweifelsfrei ein handwerklich mehr als solider Abenteuer-Roman im Sci-Fi-Mantel, der für gelungene Unterhaltung sorgt.

Eden von Tim Lebbon, 418 Seiten, erschienen bei Cross Cult.