v19-Sujet-(c)-2019-Viennale

Viennale 2019 Programmvorschau

Wie eine Schlange kriecht die 57. Ausgabe der Viennale bis in die dunkelsten Ecken des gesellschaftspolitischen Films, schlängelt sich zwischen historischem Wiederstandskino der Partisanen-Filme und südamerikanischer Leinwandpolitik hindurch.

Die Schlange steht als diesjähriges Festival-Sujet für ständige Verwandlung im Film und durch ihre fließenden Bewegungen für das Kino selbst, erklärt die Festival-Leiterin Eva Sangiorgi. Verändert hat sich die Viennale-Erfolgsformel jedoch nur mäßig, denn auch in diesem Jahr setzt man auf die altbewährte Kombination aus Großen Namen und filmischen Neuentdeckungen. Neben einigen Feature-Filmen, die dem Fluss der Massen, dem Mainstream, nahe sind, kann man bei der Viennale auch sozialistische Kinohistorie und Lateinamerikanischem Bewegtbild genießen. Gerade der philippinische Regisseur Lav Diaz wagt sich mit seinem neusten Werk in das Genre der Science-Fiction. Sein Film Ang hupa (276 Minuten) verspricht ein immersives Kinoerlebnis. Generell ist das Programm bestückt mit Perlen, die bereits bei den diesjährigen Filmfestspielen in Cannes Vorschusslorbeeren ernten durften.

Die politische Relevanz des Wiener Filmfestivals zeigt der Programmfokus auf die brasilianische Film- und Kinolandschaft. Das größte Land Südamerikas ist im festen Griff des rechtsextremen Präsidenten Jair Bolsonaro, welcher neben dem Abbrennen des Amazonas und der Unterdrückung des brasilianischen Volkes auch für einen radikalen Eingriff in die Kultur Brasiliens verantwortlich ist. Anfang dieses Jahres hat Bolsonaro das Kulturministerium geschlossen und zum Ministerium für Bürgerschaft umgeformt. Damit greift er vehement in die Filmförderungen des Landes ein. Für Filmemacherinnen und Filmemacher, sowie für Film-Festivals gibt es kaum bis gar keine staatlichen Fördergelder mehr. Auch inhaltlich diktiert der brasilianische Präsident die Geldervergabe der Nationalen Kinoagentur. Projekte die Geschlechtervielfalt, sexueller Freiheit oder LGBT-Kontexte thematisieren, möchte Bolsonaro nicht unterstützen. Umso wichtiger, dass brasilianischen Filmen eine Bühne geboten wird. Die Viennale ergreift hier die Initiative. Es wird ein buntes, ernstes, aber auch Genre-lastiges Programm angeboten. Ein Blick lohnt sich auf jeden Fall.

Neben dem Hauptprogramm gibt es auch dieses Jahr wieder eine Retrospektive, in Zusammenarbeit mit dem Filmmuseum. Auch hier lässt sich die Aktualität der Themen nicht verleugnen. In der Film-Schau O partigiano! Pan-European Partisan Film widmet sich das Festival ganz dem historischen Kampf gegen den Nationalsozialismus auf der Leinwand. Die Reihe der Filme, die gezeigt werden ist sehr umfassend und beschäftigt sich vor allem mit Werken aus ganz Europa im Zeitraum der 1940er Jahre bis in die 1980er. Von Filmen aus westlichen, blockfreien Staaten bis hin zu Werken aus der Sowjetunion wird alles gezeigt, was den Widerstands-Film auszeichnet. Hier soll mit dem östlichen sozialistischen Filmschaffen das Pendant zum westlichen Hollywood-Kino thematisiert werden. Bis auf einige wenige Werke ist dieses „Genre“ an historischen Filmen, größtenteils unbekannt. Hier möchte die Viennale diese Jahr Aufklärungsarbeit leisten. Eintauchen in die Welt des Partisanenfilms kann man im Filmmuseum. Für Filmgeschichte-Nerds und Kinoliebhaber ein Muss.

Dies ist nur ein grundlegender Vorgeschmack auf das, was die Viennale heuer zu bieten hat. Es ist ein Programm, dass durch gesellschaftspolitische Relevanz und Aktualität besticht und deswegen interessanter nicht sein könnte. Ob brasilianischer Western-Scifi-Slasher-Politfilm wie Bacurau (2019) oder kroatischer Widerstands-Film-Noir wie Ni okreci se, sine (Don’t Look Back, My Son, 1956) ist nun die Frage.

Weitere Informationen und das vollständige Programm findet ihr auf der offiziellen Homepage.