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Ein Augenblick Liebe

6
Drama

Vor Amors Pfeil ist niemand gefeit – doch was tun, wenn man bereits vergeben ist? Ein kurzer Augenblick reicht, um die gesamte Welt eines Menschen auf den Kopf zu stellen. Lisa Azuelos beschäftigt sich damit in ihrem neuen Film, welcher von Momentaufnahmen und Schlüsselszenen lebt.

Pierre (François Cluzet) ist seit 15 Jahren verheiratet und mit seiner Frau in eine Routine verfallen, doch der bodenständige Anwalt und Familienvater fällt aus allen Wolken als er die Schriftstellerin Elsa (Sophie Marceau) kennenlernt, und sein Leben dadurch ins Wanken gerät. Elsa geht es ebenso und verliebt sich Hals über Kopf in den vergebenen Mann, obwohl sie den Vorsatz hatte, nichts mit einem verheirateten Mann anzufangen. Aber Vorsätze werden gebrochen und so treffen die beiden immer wieder zufällig aufeinander, bis es ihnen unmöglich ist die Finger voneinander zu lassen und die Vorstellung mit der jeweils anderen Person zusammen zu sein lässt beide nicht mehr los.

Die Regisseurin Lisa Azuelos versteht ihr Handwerk. Originell werden die Sehnsüchte und Vorstellungen verpackt und auf die Leinwand gebracht. Die Hauptrollen hätte sie nicht besser besetzen können, denn sowohl Sophie Marceau als auch François Cluzet erwecken glaubhafte Figuren zum Leben. Azuelos hat mit Pierre und Elsa zwei Identifikationsfiguren geschaffen, denen man die Geschichte sofort abkauft, da die Chemie zwischen ihnen spürbar wird. Elsa repräsentiert die aufregende und verruchte Verführung, wodurch sie gleichsam Bedrohung für und leidenschaftliche Begierde zur Flucht von seiner routinierten Ehe ist. Die Regisseurin setzt vermehrt auf einprägsame Großaufnahmen, um dem Publikum ihre Gedanken nahe zu bringen und verständlich zu machen, was in den Herzen ihrer Protagonisten vor sich geht und den Bogen von flüchtiger Bekanntschaft hin zu prickelnder Liebe vollzieht.

Cluzet beweist einmal mehr, warum er als einer der besten Schauspieler Frankreichs gilt. Er überzeugt nicht nur durch seinen Charme und sondern meistert auch die Herausforderung einer von ihm noch nie verkörperten Rolle. Hatte er bis Ein Augenblick Liebe nie das Objekt der Begierde zum Besten gegeben, kann er dies nun auch abhaken. Mit Sophie Marceau hatte Lisa Azuelos bereits in LOL (2008) zusammengearbeitet, und wusste somit, was sie von ihr erwarten konnte. Azuelos wagt sich aber auch auf gefährliches Terrain, indem sie nicht nur hinter, sondern auch vor der Kamera agiert und ihre erste schauspielerische Leistung als Pierres Ehefrau Anne zum Besten gibt, wodurch sie die Qualität der Schauspielerriege leider einen Dämpfer verpasst.

Ein Augenblick Liebe strotzt zwar nicht vor Einfallsreichtum, verwendet aber bekannte Stilmittel in gelungener Art und Weise. So unterhalten sich Pierre und Elsa gleich zu Beginn anstatt in Schuss-Gegenschuss, wie sonst üblich, zwar auch einander gegenüberstehend, doch wird Pierre’s Gesicht in einem Spiegel neben Elsa gezeigt, und abwechselnd mit Schärfe gearbeitet, um den Fokus auf die sprechende Person zu lenken. Fließende Übergänge von einer Szene zur nächsten werden durch den Einsatz von Match Cuts bewerkstelligt. Weiters arbeitet die Regisseurin auch gerne mit Inserts, um gleichzeitig abspielende Handlungen aufzuzeigen und die Aufmerksamkeit des Publikums zu wahren, und verzaubert mit wunderbaren Lichteffekten das Publikum.

Etwas Regen als Stimmungskatalysator sorgt zwischendurch zwar für kitschige Momente – immer wenn es romantisch sein soll wird ein bisschen Wasser verspritzt – dafür lässt jedoch der gelungene Wortwitz den Kitsch schnell wieder vergessen. Beim zweiten Treffen der Hauptfiguren spürt man bereits im musikalischen Unterton die bevorstehende Gefahr, in die sich beide begeben. Azuelos bedient sich der Musik auch dazu, um die Gefühle und Gedanken der Darsteller zu kommentieren und aufzuzeigen. So hören Pierre und Elsa das gleiche Lied, singen dazu, und verdeutlichen durch den Text ihre Gedanken und Gefühle für das Publikum, was bei Elsa zusätzlich durch ihr schriftstellerisches Treiben zu Tage tritt.

Ist man zu Beginn von Ein Augenblick Liebe noch über den Fortgang der Handlung überrascht, so hat man den zukünftigen Verlauf schnell durchschaut. Beide träumen sich in eine andere Welt, denn in der Vorstellung ist es meist besser als in der Realität. Letztlich bleibt aber alles nur Fantasie. Die wirklich schlimme -und für ein Drama notwendige – Hochschaubahn der Gefühle wird vermisst. Der große Knall bleibt somit aus und sorgt dafür, dass der Zuschauer mit dem Wunsch nach mehr zurückgelassen wird: mehr Leidenschaft, mehr Dramatik, mehr Zusammenbruch der gesamten Gefühlswelt.

Regie und Drehbuch: Lisa Azuelos, Darsteller: Sophie Marceau, François Cluzet, Lisa Azuelos, Alexandre Astier, Jonathan Cohen Filmlänge: 81 Minuten, Kinostart: 07.08.2014, www.einaugenblickliebe.de