Beutezeit (c) 2007 Jack Ketchum, Heyne Hardcore, Heyne Verlag(2)

Beutezeit

Beutezeit ist der fulminante Debütroman von Jack Ketchum. Ein realistischer Horror-Thriller, nichts für schwache Gemüter.

Die Lektorin Carla mietet ein Ferienhaus in der Nähe von Dead River. Dort will sie in Ruhe an einem Buch arbeiten. Aber sie lädt auch Freunde mit auf den Trip ein. Unter anderem ihre Schwester und deren Freund, aber auch Carlas Ex mit seiner neuen Freundin. Was niemand von ihnen ahnt, die Gegend um Dead River wird von einer Kannibalen-Familie als Jagdrevier genutzt. Die Menschenfresser leben in einer Höhle und gehen regelmäßig auf Jagd nach Frischfleisch. Da kommen ihnen Carla und ihre Freunde gerade recht. Es dauert nicht lange und die junge Carla muss mit ihren Freunden ums nackte Überleben kämpfen. Aber auch der Ortsansässige Sheriff George Peters und sein Deputy Sam Shearing sehen sich mit ungeahntem Grauen konfrontiert.

Sie beobachteten, wie sie die Wiese überquerte und nach der niedrigen Steinmauer auf den Wald zusteuerte. Sie wirkte unbeholfen. Ein leichter Fang.

Beutezeit war der Debütroman von Jack Ketchum – und was für ein Debüt das war. Mit Beutezeit legt er den Grundstein seines Schaffens und etabliert, was ihn zu einem der besten Horrorautoren überhaupt macht. Ketchum schreibt (meistens) realistischen Horror, in dem das Übernatürliche keinen Platz hat und braucht. Für ihn sind Menschen die eigentlichen Monster und alles, was wir uns gegenseitig antun, schlimmer als alle Geister, Dämonen und Aliens zusammen. Er wirft einen entlarvenden Blick auf unsere Gesellschaft und erzählt auf unterhaltsame Weise vom schmalen Grat zwischen Menschlichkeit und wilder Brutalität. Darüber hinaus hat er einen derart feingeschliffenen, prägnanten Stil, der seine Roman nicht nur unverkennbar macht, sondern auch als literarisch hochwertig zu bezeichnen ist.

Sie kam gar nicht dazu, sich irgendetwas zu überlegen oder Angst zu empfinden. Sie hatte keine andere Wahl. Sie rannte vorbei an dem Jungen in die dünne Nachtluft. Ihr Sprung riss sie weit hinaus über die Felswand und atemlos hinab in die heftig schäumenden Wellen, in grenzenloses, unerbittliches Dunkel, und ihr Blut wurde in das kalte, salzige Meer gespült.

Aber damit nicht genug, baut Jack Ketchum eine konstante Spannung auf, die er bis zum Schluss hält. Beutezeit ist atmosphärisch dicht und verbreitet eine Stimmung aufgeladen mit Angst und Schrecken. Es ist ein stetiger Schrecken, der keine billigen Schockeffekte oder übertriebene Gewalt benötigt, wobei Beutezeit auch mit Brutalität nicht gerade geizt. Und um den ganzen noch die Krone aufzusetzen, Ketchum macht mit seinem Roman keine halben Sachen. Er zieht seine Geschichte und das Schicksal seiner Figuren konsequent durch, nimmt keine Gefangenen. Er springt sowohl mit den Protagonisten, als auch mit dem Leser gnadenlos um. Beutezeit ist ein brillanter Debütroman und gilt absolut zurecht als Klassiker der Horrorliteratur.

Beutezeit von Jack Ketchum, 288 Seiten, erschienen im Heyne Verlag.

Beutezeit