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Super

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Comic-Verfilmung

Nachdem die amerikanische Blockbuster-Schmiede nun schon seit geraumer Zeit in einer enervierenden Endlosschleife einen Superhelden nach dem anderen aus dem Marvel- und DC-Universum heraus auf die Kinoleinwände verfrachtet, war es letztlich nur eine Frage der Zeit, bis ein wagemutiger Independent-Filmemacher zum lang ersehnten zynischen Gegenschlag ausholen würde.Und weil die Idee, einem verstaubt konventionellen Genremuster Hollywoods mit selbstironischem und subversivem Gestus ein wenig in den Allerwertesten zu treten, gar so verwegen klingt, wundert es eigentlich kaum, dass sich plötzlich gleich zwei Filmemacher unabhängig voneinander die Aufgabe stellten, das romantisierte Bild des archetypischen Comic-Helden mit der knallharten Realität kollidieren zu lassen: War wäre, wenn der unscheinbare Koch, der einem morgens die Spiegeleier brät, oder der pubertierende Comic-Nerd vom Nebentisch plötzlich genug vom Alltag hätten und sich als dilettantische Selfmade-Superhelden in Sachen Selbstjustiz versuchen würden? So ist es wohl nicht zu leugnen, dass James Gunns pechschwarze Action-Komödie Super einige Ähnlichkeiten zu Matthew Vaughns Kick-Ass aufweist. Im /slash Programmheft heißt es diesbezüglich, Gunns Film mache all das, wofür Kick-Ass zu feig war. Diese Behauptung ist jedoch nicht so ganz nachvollziehbar.

Zum Inhalt: Durch die inspirierend wahnsinnige Sendung „Jesus-TV“ und den Finger des Allmächtigen in seiner Hirnrinde empfängt der frustrierte Koch Frank (Rainn Wilson, vor allem bekannt aus The Office) eines Nachts seine divine Berufung: Als Superheld Crimson Bolt soll er von nun an für Recht und Ordnung sorgen und nebenbei seine ihm entflohene Freundin (Liv Tyler) aus den Fängen des Bösen (Kevin Bacon) befreien. Mit selbstgebasteltem Kostüm, einer Rohrzange und dem frenetischen Sidekick-Girl Boltie (Ellen Page) zieht er los, um die Schurken auf den Straßen, seien es Kinderschänder oder Warteschlangen-Vordränger, mit magenumdrehender Brutalität zurechtzuweisen. James Gunns Super demonstriert mit ungewohnter Radikalität und einer Überdosis an garstig schwarzem Humor, dass sich das Moralsystem „Gut vs. Böse“ aus dem Comic-Universum nicht ganz so reibungslos in die Wirklichkeit übertragen lässt. Dabei sorgen vor allem die beiden Hauptdarsteller für einige recht unterhaltsame Momente, denn Rainn Wilson spielt Franks Versuche, seine entsetzlich unbeholfenen Superheldenaktivitäten auszuführen sowie sein Alter Ego geheim zu halten so charmant, Ellen Page das hyper-wahnsinnige und gewaltberauschte Sidekick-Girl so hinreißend tollwütig, dass man ihnen ihren Superhelden-Amoklauf gar nicht so recht übel nehmen kann.

Doch leider – je weiter die Handlung voranschreitet, desto mehr bleibt auch der wunderbar subversive Ansatz auf der Strecke liegen. Zwar bemüht sich Super überaus energisch, durch den Einsatz von exzessiven Gewaltdarstellungen zu provozieren, jedoch erliegt der Film dabei erst recht wieder so manch einer unerträglich berechenbaren Genrekonvention. Dabei frustrieren nicht nur die an Stupidität wohl kaum zu überbietende Drogenszenario-Nebenstory, in der Liv Tyler von bösen Männern mit Drogen vollgepumpt und zudem noch beinahe von einem besonders teuflischen Schwarzen geschändet wird, sondern ebenso das stumpfe 0815-Showdown-Gemetzel sowie ein komisch verklärtes Happy End, dessen selbstironischer Ansatz nicht im geringsten überzeugt. Auch die nur oberflächlich beleuchteten Charaktere sowie der unkonsequente Stil – zum Beispiel in Bezug auf den sporadischen Einsatz von Comic-Elementen – tragen wohl dazu bei, dass Super seinem Titel alles andere als gewachsen ist.

So wie Gunns Film scheitert übrigens auch die knallbunte Comic-Adaption Kick-Ass daran, mit konventionellen Plotstrukturen zu brechen, kehrt sie doch vor allem gegen Ende immer wieder zu ebendiesen zurück. Wohingegen Matthew Vaughns Superhelden-Satire allerdings zumindest mit einigen ironischen Filmzitaten und Referenzen punktet, verspielt Super letztlich sämtliche Chancen, einen kritischen und selbstreflexiven Blick auf seine Genre-Vorgänger zu werfen und taumelt als schwammiges Konstrukt zwischen oft peinlich absurdem Independent und konservativem Mainstream hin und her. Super verspricht Anarchie pur – diese sucht man in den 96 Minuten allerdings vergebens. Schade drum.

Regie & Drehbuch: James Gunn, Darsteller: Rainn Wilson, Ellen Page, Kevin Bacon, Michael Rooker, Liv Tyler, Laufzeit: 96 Minuten, gezeigt beim / slash Filmfestival