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Still Alice

6
Drama

Ich hätte lieber Krebs“, meint Alice zu ihrem Mann, als sie sich eingestehen muss, dass sich ihre Erinnerungen immer mehr in Luft auflösen. Still Alice ist ein Film über eine Krankheit die weder großartig erforscht noch heilbar ist: Alzheimer.

Still Alice ist ein typisch amerikanisches Drama, dass in Anlehnung an den gleichnamigen Roman von Neuro-Wissenschaftlerin Lisa Genova von gleich zwei Regisseuren inszeniert wurde. Richard Glatzer und Wash Westmoreland zaubern das Leben der Linguistikprofessorin Alice Howland (Julianne Moore) auf die Leinwand. Vorerst sind es nur Kleinigkeiten, die Alice zu schaffen machen. Als sie beim täglichen Joggen zum Unicampus plötzlich die Orientierung verliert, schrillen bei der Professorin die Alarmglocken. Mit der Ahnung, es könnte sich um einen Gehirntumor handeln, sucht sie einen Neurologen auf. Mit der Diagnose Alzheimer hat die 50-jährige nicht gerechnet und auch ihr Ehemann John (Alec Baldwin) und ihre Kinder Anna (Kate Bosworth), Lydia (Kristen Stewart) und Tom (Hunter Parrish) sind erschüttert.

Julianne Moore liefert eine exzellente Performance ab, die zurecht mit einem Golden Globe und ihrem ersten Oscar ausgezeichnet wurde. Sehr eindringlich und zart spielt sie die verblassende Persönlichkeit der Linguistikprofessorin, was sich vor allem gegen Ende des Filmes offenbart, als sich die von der Krankheit gezeichnete Alice ein Video ihrer damals noch gesunden Person ansieht – wie Tag und Nacht scheint der Unterschied. Doch abgesehen von Moore bringt Still Alice keine Überraschungen hervor. Weder wird die Thematik der Alzheimerkrankheit im Vergleich zu anderen Filmen, die sich um dasselbe Thema drehen, besonders ausgeleuchtet, noch darf man auf visuelle Highlights hoffen. Das Werk folgt im Gesamten den ordinären Hollywoodfilm-Konventionen, drückt dabei mächtig auf die Tränendrüse und schafft es nicht aus dem Traumfabrik-Idyll herauszutreten.

Die Tatsache, dass hier Alzheimer bei einer hoch gebildeten und für dieses Krankheitsbild relativ jungen Frau diagnostiziert wird, macht den Leidensweg der Patientin selbstverständlich intensiver. Ein Blickwinkel, den die Filmemacher wohl absichtlich gewählt haben um mehr Tragik hinzuzufügen. Denn wenn jemand stückchenweise seinen kompletten Wortschatz verliert, dessen Leidenschaft die Kommunikation ist und der immer auf die richtige Rhetorik bedacht ist, zeichnet sich der geistige Verfall wesentlich offensichtlicher ab. Doch trotz dieser zusätzlichen „gut gemeinten Grausamkeit“ schwächen die Umstände, in denen sich die Protagonistin befindet, ihren Leidensweg wiederum ungemein ab.

Alice ist gut situiert, ihr Mann erfolgreich und auch ihre Kinder stehen ohne größere Probleme auf eigenen Beinen. Dinge die normalerweise eine solche Krankheit begleiten, wie Geldprobleme oder Überforderung der Angehörigen bei der Pflege, fallen dadurch vollkommen weg und nehmen der porträtierten Krankheit den Schrecken. Still Alice beleuchtet die familiären Reaktionen nur sehr mager und legt seinen Fokus ganz auf die Hauptrolle. So muss Moore trotz großartiger Nebendarsteller wie Alec Baldwin oder Kristen Stewart die Handlung über lange Strecken alleine tragen. Moore meistert dies bravurös und überzeugt in ihrer Rolle, doch die restlichen Figuren verlieren dadurch an Glaubwürdigkeit.

Kaum erinnert man sich an die musikalische Untermalung oder an ungewöhnliche Kameraeinstellungen. Auch sucht man vergebens nach stimmungserzeugenden Landschaftsaufnahmen, obwohl sich Alice bei Fortschreiten der Krankheit in ihr Strandhaus zurückzieht. Die tiefschürfenden Dialoge sind vorhersehbar und scheinen leicht gekünstelt, bringen aber dennoch die gewünschten Emotionen zum Ausdruck. Kurzum lässt sich Still Alice als wenig aufregend, aber solide beschreiben. So kommt es auch, dass Moores schauspielerische Leistung viel größer ist als der Film selbst und ohne sie auch kaum sehenswert wäre.

Regie und Drehbuch: Richard Glatzer und Wash Westmoreland nach dem Roman von Lisa Genova, Darsteller: Julianne Moore, Alec Baldwin, Kristen Stewart, Kate Bosworth, Hunter Parrish, Filmlänge 101 Minuten; Kinostart: 13.03.2015, stillalice.de