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Samuray-S

5
Experimentell

Experimentalfilme können eine ganz eigene Faszination ausüben, sind aber daher nur in verstärkt subjektiver Weise zu betrachten. So auch Samuray-S. Interessant ja, aber nur bedingt empfehlenswert.

Was lässt sich über die Handlung sagen? Ein guter und ein böser Samurai und eine Frau, die beide lieben. Ein aus dem Krieg oder einem Kampf heimgekehrter Samurai, der seine eigene Frau nicht wiedererkennt und die nun bei einem Gott um Hilfe sucht. Soweit zu der erkennbaren Handlung. Die Geschichte wird als Stummfilm erzählt, kommt ohne hörbare Dialoge aus, sondern setzt auf fragmentarische (oder schlecht ins Englische übersetzte) Untertitel, die den fragmentarischen Plot wiedergeben. Schauspieler liefern keine Darstellungen, sondern sind, ganz nach Robert Bresson, nichts weiter als Modelle und bieten somit – nicht ungewöhnlich für einen Experimentalfilm – keinerlei Identifikationspotenzial. Wie also einen Film, der sich so offensichtlich jeglicher (ohnehin immer nur eingeschränkt möglicher) objektiver Betrachtung entzieht, bewerten, wenn nicht subjektiv?

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Auf der visuellen Ebene arbeitet Raúl Perrone in Samuray-S mit ständiger Doppel- und Dreifachbelichtung, auf der Akkustischen mit einem beinahe ständigen Rauschen, das sich über die Bilder legt. Eine Reise durch den Wald zum Beispiel wird mittels von unten gefilmten Baumkronen im Hintergrund, dem guten Samurai und der Frau im Mittelpunkt und ständigem Regen, Rauschen oder einem sich bewegenden Asphalt im Vordergrund dargestellt. So muss der Zuschauer eigentlich jede Szene, jedes Bild erst zerlegen und eigens zusammensetzen um die Bedeutung des soeben gesehenen zu verarbeiten. Ein Prozess, für den der sich ständig in Bewegung befindliche Film dem Zuschauer kaum Zeit lässt. Alleine dadurch wird Samuray-S ein schwer zu entschlüsselndes Rätsel, eines, das Fans von Experimentalfilmen oder Raúl Perrone und Filmwissenschaftler sicherlich beschäftigen und begeistern kann, abseits davon aber kaum ein Publikum finden wird, dafür verschließt sich der Film viel zu konsequent und bewusst einer gängigen Betrachtungsweise.

Dadurch wird Samuray-S eine lange und anstrengende Geschichte. Ein Trip, im Guten wie im Schlechten, teilweise berauschend und atemberaubend, aber in gleichem Maße kräftezehrend und auslaugend, vor allem wenn das anfängliche Hochgefühl nachlässt und abebbt und man letztlich mit einem schmerzhaften Kater zurückgelassen wird. Im Gegensatz zu Drogen jedoch, lässt einem Samuray-S nicht mit dem sehnsüchtigen Gefühl nach mehr zurück, man verspürt keinerlei verlangen den Film erneut geschweige denn mehrmals zu konsumieren – zumindest dieser Aspekt ist ein deutlicher Vorteil gegenüber Drogenkonsum.

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Im Grunde bietet Samuray-S durchaus interessante Aspekte, vor allem aus filmwissenschaftlicher Sicht ein durchaus spannendes Experiment, als abendfüllender Kinofilm jedoch eine überaus anstrengende und herausfordernde Kost, die nicht bedingungslos zu empfehlen ist. Samuray-S ist demnach weder gut noch schlecht, sondern entzieht sich gängigen Bewertungsmustern und filmkritischen Kommentaren, da keinerlei objektive Angriffsflächen bestehen. Von daher ist die Bewertung im Mittelmaß passend, da sich der Film für jeden Zuschauer anders anfühlen mag und individuell erfahren werden muss und sich demnach an jedes beliebige Ende des Spektrums einfinden kann.

Regie: Raúl Perrone, Drehbuch: Silvina Gianbelli, Raúl Perrone, Darsteller: Ornella Retro, José Maldonado, Migual Sirna, Tony Alba, Filmlänge: 110 Minuten, gezeigt im Rahmen der Viennale V’15