Doctor Strange in the Multiverse of Madness
Falls es überhaupt einen Grund gibt, Disneys neusten Ausbau des sich in immer unübersichtlichere Dimensionen erstreckenden Marvel-Kosmos Doctor Strange in the Multiverse of Madness zu besuchen, dann ist es die Post-Credit-Szene. Deren Pointe eines irritierend gehässigen Gags zieht eine vielsagende Analogie zwischen zwanghafter Selbstbestrafung, auferlegt durch einen Zauber des titelgebenden Helden (hohl: Benedict Cumberbatch), und seiner filmischen One-Man-Show.
Die fühlt sich bedeutend länger an als die für Marvel-Verhältnisse moderate Laufzeit von zwei Stunden, die der selbstgefällige Doctor vollständig dominiert. Franchise-Neuzugang America Chavez (Xochitl Gomez), die Strange auf seinem Trip durch diverse Parallelrealitäten retten muss, ist kaum mehr als ein menschlicher McGuffin.
Wenn beide auf der Flucht vor Scarlet Witch Wanda Maximoff (Elizabeth Olsen) während eines Multiverse-Sprungs durch eine knallbunte Kollektion kinematischer Stilformen und filmischer Epochen crashen, zeigt sich flüchtig das verschenkte kreative und visuelle Potenzial des narrativen Kernkonstrukts. Michael Waldrons Drehbuch hingegen reduziert die Variation der relevanten Universen und darin auftretenden Alter Egos auf Verkehrsregeln, dämliche Haarschnitte und kuriose Cameos.
Austauschbare Action-Szenen und eine mit Familienwerten übersättigte Schnulz-Story um die frustrierte Normsehnsucht der Antagonisten übertönen einander in chaotischem Crescendo. Sam Raimis musisch-martialische Allegorie ist ein schwacher Trost für das dissonante Duett aus Superhelden-Seifenoper und Fan Service.
Regie: Sam Raimi, Drehbuch: Michael Waldron, Darsteller: Benedict Cumberbatch, Elizabeth Olsen, Chiwetel Ejiofor, Benedict Wong, Xochitl Gomez, Michael Stuhlbarg, Rachel McAdams, Patrick Stewart, Bruce Campbell, Filmlänge: 126 Minuten, Kinostart: 04.05.2022