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Allied – Vertraute Fremde

3
Drama

Von der Eröffnungsszene an, in der Brad Pitt vor einem CGI-Sonnenuntergang wie ein Gottgesandter vom Himmel in die Greenscreen-Dünen Marokkos niedersinkt, ist klar, welche Art Kinoerlebnis Allied – Vertraute Fremde bietet. Robert Zemeckis (Flight) besinnt sich in seiner Spionageromanze auf sein größtes Talent: das für epische Langeweile, mit Starbesetzung und in Hochglanzformat.

Der Edelschnulze um die Spione Max Vatan (Brad Pitt) und Marianne Beausejour (Marion Cotillard), die sich bei ihrem ersten gemeinsamen Einsatz in Casablanca verlieben, lässt sich vieles vorwerfen, aber nicht, dass sie an Produktionswert gespart hat. Jedes Gebäude ist in der unwirklichen Hollywoodhistorie adrett und makellos, als sei die Stadt erst gestern erbaut worden. Jeder aus dem illustren Zirkel von Nazis, Kollaborateuren und einheimischen Dienern trägt exklusive Garderobe. Niemand ist staubig oder verschwitzt, es sei denn als Vorwand, um lasziv die Bluse aufzuknöpfen.

Spione öffnen hier sinnlos Geheimfächer, nur um dem Filmpublikum ihre Spionageausrüstung zu zeigen. Der Regisseur vergisst keine Sekunde, dass die Handlung von einem vollen Kinosaal beobachtet wird und erlaubt somit auch nicht den Zuschauern, das zu vergessen. Jede Szene durchdringt verkrampfte Künstlichkeit, die Spannung, Dramatik und Romantik gnadenlos abtötet. Der Stupor ist tief verwurzelt im Drehbuch von Steven Knight (No Turning Back), der mit einer grotesken Mischung aus sklavischer Ergebenheit und Arroganz die Spionageklassiker von Casablanca über Passage to Marseille bis Notorious nachahmt. Nachdem Max und Marianne ihr umgehend von professionell zu ernsthaft wechselndes Flirtprogramm absolviert haben, geben sie im Auto ihrer Leidenschaft nach. Als Symbol unbändiger Naturtriebe tobt draußen ein Sandsturm, aber drinnen bleibt alles fein sauber, damit das US-amerikanische Familienpublikum nicht verschreckt wird.

Eine Maschinengewehrsalve später wird die exotische Kulisse gegen das schnuckelige Hampstead eingetauscht und der falsche Ehering, den Max für seinen Einsatz bekommt, gegen eine echten. Der Krieg fungiert unterdessen als eine Art melodramatische Stimmungsbeleuchtung, die Zemeckis willkürlich an- und ausstellt. Von zerstörten Häusern und Versehrten keine Spur, aber während der Geburt der Tochter hagelt es Bomben aufs Krankenhaus. In der nächsten Einstellung ist alles wieder akkurat – bis ein abgeschossener Flieger aus buchstäblich heiterem Himmel fast aufs Familienheim fällt.

Der Nazibomber ist natürlich wieder ein Symbol, wie der alberne Sandsturm. Marianne gerät unter Verdacht der Nazispionage. Die dramatische Abhandlung dieser Problematik ist derart naiv und ignorant, dass sie die bis dahin harmlose Schnulze in eine groteske Apologie faschistischer Überzeugung verwandelt. Die fehlende Chemie zwischen den stets schmeichlerisch abgefilmten Stars ist gegenüber solch Übelkeit erregender Sympathiebekundungen das kleinste Übel.

Regie: Robert Zemeckis, Drehbuch: Steven Knight, Darsteller: Brad Pitt, Marion Cotillard, Jared Harris, Lizzy Caplan, Matthew Goode, Filmlänge: 125 Minuten, Kinostart: 22.12.2016