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Carol

8
Drama

Als Eröffnungsfilm der 53.Viennale war Carol durchaus gut gewählt: Auch wenn er regulär seinen Weg in die österreichischen Kinos finden wird, spendete das Publikum des Filmfestivals kräftig Applaus.

Die Story versetzt uns in die USA der 1950er Jahre: Carol (Cate Blanchett) ist eine wohlsituierte, aber gerade deswegen sehr gelangweilte Lady der Upper-Class; Therese (Rooney Mara) ist hingegen eine junge Frau mit enormen Potential, die lediglich in einem Warenhaus beschäftigt ist. Eines Tages kreuzen sich die Wege der beiden unterschiedlichen Frauen – und ab diesem Moment beginnt sich eine subtile und doch sehr drängende Liebesgeschichte zu entwickeln. Carol lässt absichtlich ihre Handschuhe auf dem Verkaufstresen liegen und bietet so Therese die Chance sich mit ihr in Verbindung zu setzen.

Tatsächlich verbringen die beiden kurz darauf die kommenden Weihnachtsfeiertage miteinander und reisen dabei quer durchs Land. Alles wäre so einfach, befänden wir uns nicht in den 50ern und wäre Carol nicht verheiratet sowie Mutter. Ihr Mann Harge (Kyle Chandler) hält naturgemäß nichts von den sexuellen Neigungen seiner Frau und setzt alles daran die Ehe aufrechtzuerhalten. Eine weitere Schwierigkeit stellt hierbei auch das vergangene Verhältnis zwischen Carol und ihrer besten Freundin Abby (Sarah Paulson) dar.

Alles läuft auf eine Gerichtsverhandlung der Eheleute hinaus, da Harge seiner Frau das gemeinsame Sorgerecht für ihre Tochter entziehen will. Um handfeste Beweise für das unmoralische Verhalten seiner Frau zu bekommen, setzt er sogar einen Privatdetektiv an – mit entsprechend dramatischen Folgen.

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Keine Frage, Patricia Highsmiths literarische Vorlage zu Carol behandelt ein interessantes und vorurteilsbehaftetes Thema. Auch heute ist die Selbstverständnis von der Wahl, wen man liebt, nicht überall gleichermaßen akzeptiert – hieraus schöpft der Film auch seine subtile Verzweiflung. Todd Haynes hat es geschafft, die perfekten Hauptdarstellerinnen für die anspruchsvollen Rollen zu gewinnen und darüber hinaus ist das Production Design von Judy Becker, die Art Direction von Jesse Rosenthal und das Kostümdesign der dreifachen Oscar-Preisträgerin Sandy Powell sein Ass im Ärmel.

Bis ins kleinste Detail passt die Ausstattung: Von Carols immer roten Lippenstift über die mädchenhafte Frisur von Therese bis zu den mit dem Mobiliar abgestimmten Kostümen der Darsteller (Für manch einen wohl ein heißer Tipp für die kommenden Oscars). Darüber hinaus sei auch das Zusammenspiel der Besetzung erwähnenswert: Cate Blanchett scheint ohnehin (zumindest optisch) perfekt in die 1950er zu passen, spielt sie ihre Carol doch mit wahrer Eleganz.

Auch wenn zwischen ihr und Therese Liebe die vordergründige Emotion zu sein scheint, so ist Carol in letzter Konsequenz auch immer Jägerin – sie ist die dominierende Frau in dieser Beziehung. Rooney Mara spielt ihre Therese jedoch nicht als reines Opfer: Im Laufe des Films erkennt man das Potential der jungen Frau immer mehr und ist sich schließlich sicher, dass sie es auch ohne Carol bis ans Ziel ihrer Träume schaffen wird. Einzig die männlichen Charaktere verblassen im Gegensatz zu den starken Frauen, auch wenn hier wohl durchaus eine gewollte Intention dahintersteckt (so wäre ein etwas tiefsinnigerer Harge doch wünschenswert). Auch die Beziehung zwischen den beiden Eheleuten ist für den Zuschauer nur durch Hass geprägt – warum sich die beiden jemals aneinander gebunden haben, ist leider unklar und wird trotz vorhandenem Potential kaum behandelt.

Carol  hat nicht umsonst bislang so gute internationale Kritiken erhalten: Sowohl die Besetzung, die unaufdringliche Kameraführung von Edward Lachman (I’m not there, Erin Brockovich, Ulrich Seidls Paradies-Trilogie) als auch das umwerfende Design sprechen für sich. Als Eröffnungsfilm der Viennale war Carol also gut gewählt – man darf gespannt sein, wie der reguläre Kinostart in Österreich erfolgt.

Regie: Todd Haynes, Drehbuch: Patricia Highsmith (Roman), Phyllis Nagy, Darsteller: Cate Blanchett, Rooney Mara, Sarah Paulson, Kyle Chandler, Jake Lacy, Laufzeit: 118 Minuten, gezeigt im Rahmen der Viennale V’15