Beyond the Black Rainbow
Wer versucht, den Inhalt von Panos Cosmatos‘ kanadischem Spielfilmdebüt in ganzen und logischen Sätzen wiederzugeben, stößt vermutlich schnell an seine Grenzen, denn nur sehr selten gibt es Filme, die einem (Alp-)Traumerlebnis so nahe kommen wie „Beyond the Black Rainbow“. Wir werden entführt in das futuristische Institut des ominösen Wissenschaftlers Dr. Mercurio Arboria, der in seinen labyrinthischen Horror-Räumlichkeiten Experimente an einer schwer sedierten jungen Frau betreibt. Jedes weitere Inhaltsdetail hüllt sich in nebulöse Rätselhaftigkeit: „Benign pharamacology“ und „Energy sculpting“; Gedankenübertragung; monströse Abgründe des Unterbewusstseins; das Versinken in einem schwarzen zähflüssigen Loch; sich langsam zersetzende Gesichter; grell leuchtende geometrische Formen. Was sich am Ende des schwarzen Regenbogens befindet, das muss man mit den eigenen Sinnen hören und sehen – und wird es doch nicht begreifen können. „Beyond the Black Rainbow“ ist kein gewohntes Erzählkino, sondern vielmehr ein hypnotisches, ganz-körperliches Erlebnis.
Ein sich an den Sphären des Experimentalfilms entlang tastender Wahrnehmungs-Rausch aus Farben und Formen, getränkt von einer geradezu unwiderstehlichen 80er Jahre Sci-Fi-Filmästhetik, getragen von einem ungeheuerlichen Michael Rogers, getrieben von pulsierenden Synthie-Soundscapes, die nicht nur deshalb großartig wirken, weil sie die Meisterwerke von Dario Argento und John Carpenter heraufbeschwören. „Beyond the Black Rainbow“ ist ein Film, dessen alptraumhafter Handlungsfaden sich immer wieder auflöst in visuellen Kuriositäten, in lähmenden Einstellungen und eigenwilligen Bildausschnitten, in einem Meer aus rotem Licht, Unschärfe und kryptischen Detailaufnahmen.
Es gibt Träume, in denen hat man das Gefühl, sich nicht vorwärts bewegen zu können und in einer endlosen Zeitlupe gefangen zu sein. Genau diese Empfindung ruft auch „Beyond the Black Rainbow“ mit seinen zähen 110 Minuten Laufzeit hervor, erschafft somit jedoch eine Filmerfahrung, wie sie intensiver nicht sein könnte. Und während sich der eigene Herzschlag langsam in beängstigende Frequenzen hochschlägt, der ganze Körper zu kribbeln beginnt und die Grenzen des Durchhaltevermögens auf die äußerste Probe gestellt werden, gelingt es diesem wunderlichen Filmexperiment von Anfang bis Ende, sein Publikum zu verblüffen, zu berauschen, zu erschrecken und am Ende sogar noch mit einer großartig selbstironischen Wende zu beglücken. Nicht nur der Sound wird hier noch lange nachwirken.
Regie und Drehbuch: Panos Cosmatos, Darsteller: Michael Rogers, Eva Allan, Scott Hylands, Marilyn Norry, Laufzeit 110 Minuten, gezeigt im Rahmen des /slash Filmfestivals 2012