FF7-Rebirth-(c)-2024-Square-Enix

Final Fantasy VII Rebirth

10
RPG

Die jahrzehntelange Erfolgsgeschichte der Final Fantasy-Reihe ist so erlebnisreich wie die Geschichte des Videospielmediums selbst. Die Reihe verhält sich seit Anbeginn wie eine pubertierende Boyband: Immer auf der Suche nach sich selbst, stets dabei, sich neu zu erfinden, manchmal Jahre voraus oder auch mal Jahre hinterher. Aber immer laut und mutig genug, um das gesamte Medium nachhaltig zu prägen.

1997 demonstrierte dies Final Fantasy VII wohl mit der größten Tragweite und profilierte sich dadurch als Königsmacher nicht nur für Sonys neue Spieleplattform Playstation, sondern auch deren Vision für eine Zukunft filmischer Spieleunterhaltung. Die Idee eines Remakes war, so wie bei so vielen Titeln von damals, eine Unmöglichkeit. Ist doch Final Fantasy VII mehr ein mentales Modell im kollektiven Bewusstsein einer Gamer-Generation, als das, was man tatsächlich findet, wenn man eine Playstation-CD einlegt, um nachzusehen. Und trotzdem hat Square Enix nach vielen Jahrzehnten den Entschluss gefasst, sich zur Mammutaufgabe einer Neuauflage des Fantasy-Epos zu bekennen. In drei Teilen soll das geschehen: Zuletzt nahm man sich in der ersten Episode der initialen filmischen Stunden von Final Fantasy VII an, beinahe mehr interaktiver Film als RPG. Nun kommt mit dem zweiten Teil, Final Fantasy VII Rebirth, die Mitte der Geschichte auf den Tisch.

Vieles ändert sich natürlich, denn anders als das recht lineare Skript des Vorgängers muss hier ein Teil des Spiels adaptiert werden, der viel offener und weiträumiger gehalten war. Der Spieler taumelte schon damals betäubt durch stundenlange Action-Sequenzen, die kaum genug Raum zum links oder rechts schauen ließen, in die Umarmung einer gewohnten, gemütlichen Weltkarte, die scheinbar grenzenlose Möglichkeiten versprach. Nicht zuletzt aus thematischen Gründen weichen hierbei die verklemmenden, linearen Gassen von Slums und klaustrophobe Korridore innerhalb von Corporate-Gebäuden einer offenen, grünen Oberwelt, die mit nie enden wollenden Nebenaufgaben die volle Freiheit eines offenen RPGs entfalten möchte.

Cloud und seine Truppe sind also aus Midgard ausgebrochen und ziehen indessen weiter, um gemeinsam mit ein paar neuen Freunden das Ruder einer in den Untergang steuernden Welt noch einmal herumzureißen. Sowohl die Charaktere als auch der Spieler sind dabei stets verfolgt von Vorwehen einer tragischen Zukunft, die mit ihrem berüchtigten Plot-Twist zum Nachdenken über Vergänglichkeit und Sterblichkeit anregen möchte.

Wie schon beim Vorgänger fällt vor allem die aufwendige Verpflichtung zu allen Eigenheiten des Originals auf. Die Besetzung wird zwar durch die Bank mit einer Prise Menschlichkeit angereichert, sodass aus den recht simplen Charakter-Schemen des Originals echte Persönlichkeiten heranreifen, aber kein Detail ist zu absurd, um in diesem Prozess ausgespart zu werden. Die teilweise abstrusesten Design-Eigenheiten des Originals werden mit Freude und Selbstbewusstsein zelebriert, sodass dem Spieler nichts anderes übrig bleibt, als mitzufiebern, wenn engelhafte Anime-Gestalten mit meterlangen Schwertern und noch längeren Haaren auf grummelige Muskelprotze mit Kanonenarmen treffen.

Die offene Welt ist im Grunde so, wie man das heutzutage erwarten darf, inklusive obligatorischer Wachtürme und Questpointer. Da aber in Final Fantasy VII Remake die Quests gut geschrieben sind, die Welt an allen Ecken und Enden mit großartigen Nebenaufgaben gefüllt ist, gelingt der schwierige Spagat, auf der riesigen Leinwand eine mehrdimensionale Welt zu skizzieren. Es hilft, wenn man einen großen Teil des Spiels damit verbringt, Charaktere aus dem Vorgänger in der neuen Umgebung wieder zutreffen.

Das Kampfsystem ist bekannt aus dem Vorgänger und entwickelt sich in sinnvollen Schritten weiter. Neue Spielecharaktere reichern das Geschehen mit dynamischen Elementen an, und auch wenn man leider seinen Fortschritt aus dem Vorgänger verliert, entwickelt sich das neue Geschehen mit rasanter Geschwindigkeit. Das Crafting-System, in das man allerlei Zeugs vom Wegesrand füllt, ist ohnehin neu. Taktische Möglichkeiten, die sich neu durch die Zusammenarbeit der Charaktere im Kampf ergeben, müssen zunehmend berücksichtigt werden und bringen die notwendige Komplexität, die das Spiel benötigt, um nach dem Vorgänger Final Fantasy VII Remake die nächste Stufe zu erreichen. Ein kleiner Wermutstropfen ist lediglich das mit Spannung erwartete Ende, das seinen Plot-Twist mit einer derartigen Prise Tetsuya Nomura (Kingdom Hearts)-Nebel verschleiert, so dass der tragische Handlungsbogen beinahe – aber wirklich nur beinahe – abgewürgt wird.

Im Großen und Ganzen ist Final Fantasy VII Rebirth aber ein hervorragendes Beispiel dafür, wie ein unterhaltsames Single-Player-RPG zu sein hat. Für den Playstation-Gläubiger sowieso Pflicht, hält der Titel alles parat, um auch den gefinkeltsten Skeptiker auf seinen Platz zu verweisen. Final Fantasy VII Rebirth ist ganz großes Kino und man darf fortan gespannt sein, wie ein finales Sequel hier noch Anschluss finden will.

Plattform: PC (Version getestet), PS5, Spieler: 1, Altersfreigabe (PEGI): 16, Release: 29.02.2024 (PS5), 23.01.2025 (PC), Link zur offiziellen Website




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