Oppenheimer
Manche Männer werden aufgrund gewisser fachlicher Expertise ungeachtet der verwerflichen Aspekte ihres Schaffens immer als tragisches Genies betrachtet. Das gilt sowohl für Christopher Nolan als auch den Titelcharakters seines Blockbuster-Biopics Oppenheimer. Das verbrämt den Physiker in drei unebenen Akten als tragisches Opfer idealistischer Ambitionen.
Jene sind über jeden ethischen Zweifel, den das die verworrenen Rückblenden rahmende Schlusskapitel implizit mit der parteiischen Sicherheits-Anhörung J. Robert Oppenheimers (angespannt: Cillian Murphy) gleichsetzt, erhabene Fusion von Forschungsdrang und Pflichtgefühl: gegenüber Vaterland, Kollegen und Frauen. Alle verraten sie den nicht nur heroisierten, sondern durch gigantomanische Gleichnisse deifizierten Hauptcharakter, dessen Gedankenwelt Bilder von Feuer, Asche und Licht visualisieren.
Nolans auf Kai Birds und Martin Sherwins monumentaler Biografie basierendes Drehbuch imaginiert ihn als selbst göttliche Dimensionen sprengenden Geist, den sexuelle Eskapaden nicht menschlicher machen, sondern männlicher innerhalb des filmischen Männerkosmos. Der degradiert Frauen wie Gattin Kitty (Emily Blunt) und Geliebte Jean (Florence Pugh) zu hysterischen Hindernissen, reduziert zu Sexobjekten aufgrund ihrer mit der maskulinen Brillanz kontrastierenden Labilität.
Makellos geschnittene und gefilmte Aufnahmen erschaffen eine generische Düsterkeit, ohne dass deren entsättigte Farben und Schwarz-Weiß den pompösen Dialogszenen Dynamik oder Struktur verleihen. Eine mit prominenten Darstellenden protzende Hagiographie historischer Hybris, deren macchiavellistischer Militarismus und Misogynie mehr über die Gegenwartssituation aussagen als der pathetische Plot.
Regie: Christopher Nolan, Drehbuch: Christopher Nolan, Kai Bird, Martin Sherwin, Darsteller: Cillian Murphy, Florence Pugh, Emily Blunt, Matt Damon, Robert Downey Jr., Jack Quaid, Gary Oldman, Josh Hartnett, Gustaf Skarsgård, Kenneth Branagh, Olivia Thirlby, Rami Malek, Alden Ehrenreich, David Dastmalchian, David Krumholtz, Casey Affleck, Filmlänge: 180 Minuten, Kinostart: 20.07.2023