Cuphead-(c)-2020-StudioMDHR-(5)

Cuphead

10
Shooter

Der mittlerweile als moderner Klassiker geltende Titel Cuphead ist nun endlich auch auf Sonys Playstation 4 erhältlich. Grund genug das Spiel genauer unter die Lupe zu nehmen. Das Werk des kanadischen Entwicklerstudios StudioMDHR wirkt auf den ersten Blick wie aus der Zeit gefallen. Das Gamedesign erinnert an klassische Shoot-’em-up-Spiele der 80er und 90er Jahre. Stilistisch ist Cuphead eine Augenweide, da jeder Frame aus handgezeichneten Animationen besteht, die an Cartoons der 30er Jahre erinnern sollen.

Der treibende, eigens dafür komponierte Soundtrack ist ein Mischung aus Jazz- und Ragtime-Stücken. Umso verständlicher, dass die Entwickler ihr Projekt vor dem Release mehrmals verschieben mussten. Wer auch nur wenige Sekunden im Spiel verbringt, kann den Detailreichtum, die Hingabe und das Herzblut, dass hier reingesteckt wurde, fühlen.

 

Die Story rund um Cuphead und seinen Bruder Mugman ist simpel und dennoch einfallsreich. Die zwei verlieren sich eines Tages in einem zwielichtigen Casino und gewinnen ein Glücksspiel nach dem anderen. Von ihrer Glückssträhne berauscht, werden die Brüder zu einer letzten Partie von dem Besitzer des Casinos herausgefordert. Nachdem diese verloren geht, stellt sich heraus, dass der Boss des Ladens niemand geringerer als der Teufel persönlich ist und nun die Seelen der beiden Häferl einfordert. Ihr einziger Ausweg aus der Zwickmühle: Die Welt namens Inkwell Isle durchstreifen, die Schuldner des Teufels besiegen und deren Seelenverträge einsammeln. Und wer weiß? Vielleicht gibt es am Ende doch noch einen Weg, den Teufel zu einem letzten Tanz herauszufordern.

Der Tod macht den Meister

Eines sollte vorweg klar sein: Das Spiel ist nichts für Gamer die ungern scheitern. Zu Beginn wie auch gegen Ende wird man – oft, sehr oft, scheinbar ohne Ende – sterben. Das gehört zur Erfahrung und ist so eingeplant. Easy to learn, hard to master. Die Steuerung ist schnell gelernt und für erfahrene Spieler durchaus intuitiv. Springen, dashen, schießen – mehr muss man nicht wissen. Was man anmerken kann ist, dass die Tastenanordnung für die jeweiligen Befehle alles andere als praktisch ist. Gut, dass man diese ändern kann. In den Einstellungen lässt sich jeder Button nach belieben zuteilen, was definitiv empfehlenswert ist. Danach geht es daran, die Levels der vier verschiedenen Welten zu meistern. Hier liegt der Fokus auf den spektakulären Bosskämpfen, die mit jedem weiteren kreativer, absurder und schwerer werden.

Über böse Blumen, verärgertes Gemüse bis hin zum hinterlistigen Clown und dreiköpfigen Drachen muss man sich durch alles kämpfen was einem vorgelegt wird. Zu Fuß oder im Flugzeug wird man gefordert. Gut, dass es da auch noch die Run&Gun-Levels gibt, in denen man wertvolle Münzen einsammeln kann. Diese können beim Shop von Porkrind, einem einäugigen Schwein, gegen Upgrades eingetauscht werden. Ein unverwundbarer Dash, ein Extra-Leben oder Projektile mit automatischer Zielfunktion können einen unbezwingbaren Boss zu einem erträglichen Gegner machen. Wer allerdings nicht aus seinen Fehlern lernt und den Feind nicht genau analysiert wird nicht weit kommen. Das Gefühl, eine scheinbar unüberwindbares Hindernis zu meistern, ist unschlagbar und wird in Cuphead zelebriert.

Ein technisches Gemälde

Spiele, die einen so hohen Grad an Konzentration fordern, stehen und fallen mit der eigenen technischen Sauberkeit. Wenn der kleinste Fehler zwischen Sieg und Niederlage entscheidet, darf man als Spieler nie das Gefühl bekommen, dass etwas anderes als das eigene Unvermögen für den Tod verantwortlich ist. In diesem Fall erreicht das Abenteuer um die zwei Tassen die volle Punktezahl. Die Steuerung ist präzise und erlaubt es einem seine Fingerfertigkeiten bis ins kleinste Detail zu verfeinern. Hinzu kommt, dass es optisch in dem Genre nichts Vergleichbares gibt. Auch in der letzten Schlacht staunt man noch über die malerische Kunst, die einem serviert wird. Jede Sekunde ist gefüllt mit wahnwitzigen Zeichnungen, die einen auch den nervigsten Gegner liebgewinnen lassen.

Zu zweit stirbt es sich leichter

Wem es allein zu viel wird, hat die Möglichkeit sich via Couch-Koop einen Freund zur Hilfe zu holen. Wobei Hilfe hier relativ ist. Der Vorteil im Mehrspielermodus liegt darin, dass man nach dem Verlieren seiner drei Leben gerettet werden kann – und das theoretisch unendlich oft. Der große Nachteil: Der sowieso schon überladene Bildschirm wird mit einem weiteren Spieler umso unübersichtlicher. Auch die Run&Gun-Levels wird man niemals so schnell durchlaufen können wie auf eigene Faust. Und dennoch: Der sowieso hohe Wiederspiel-Wert wird nochmal um einiges erhöht, wenn es die Option gibt gemeinsam zu versagen, zu lachen und zu triumphieren.

Wer sich von der Diskussion kurz nach dem Release abgeschreckt fühlte oder bis jetzt nicht die Möglichkeit hatte Cuphead zu spielen, sollte diesem Meisterwerk nochmal eine Chance geben. Ja, der 2D-Shooter ist schwer und kann frustrierend sein, aber es ist bei weitem nicht das unfaire und sadistische Erlebnis, zu dem es von einigen Kritikern erklärt wurde. Wer Zeit investiert wird belohnt, wer sie nicht hat kann einen leichteren Schwierigkeitsgrad wählen. StudioMDHR hat ein einzigartiges Spielerlebnis konzipiert, das von vorne bis hinten stimmig ist, keine Fehler aufweist und nur so von Kreativität, Herzblut und Hassliebe strotzt. Endlich dürfen die Tassen von Cuphead auch auf der PS4 angestoßen werden. Vorsicht zerbrechlich!

Plattform: PS4 (Version getestet), PC, Switch, Xbox One, Spieler: 1-2 (Koop), Altersfreigabe (PEGI): 3, Release: 28.07.2020 (PS4), cupheadgame.com