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Xes

Florian ist sexsüchtig. Er ist ständig auf der Suche nach Befriedigung um die klaffenden Löcher in seiner Seele zu füllen. Über unkontrolliertem Porno-Konsum bis zum ständigen Besuch im Bordell lässt Florian nichts aus. Zudem ist er in einer Partnerschaft und Vater einer Tochter. Er hat öfters Sex mit Transsexuellen und hat auch selbst Neigungen in diese Richtung. Doch jetzt will Florian seine Sexsucht angehen und begibt sich in die Selbsthilfegruppen der Sex- and Love Addicted Anonymous (SLAA) – also die der „Anonymen Alkoholiker“ der Liebes- und Sexsüchtigen. Wir begleiten Flo auf seiner Reise und erfahren in sensiblen Rückblenden auch viel über seine Kindheit, Ursprung und Werdegang seiner Krankheit.

 

Xes ist ein autobiografischer Comic aus Berlin der soeben unter dem Pseudonym Florian Winter veröffentlicht wurde. Laut Verlag handelt es sich um die erste längere grafische Veröffentlichung des Autors. In diesem Fall darf man heftig gratulieren zu einem derart offenen, mutigen und vollendeten Werk. Florian Winter arbeitet mit einfachen Strich und Bildern – und wenig Text. Was im Falle von Xes wunderbar funktioniert, weil es gerade die stillen Passagen in den Bildern sind, die berühren und nachwirken. Zwar hat man das Buch mit seinen 360 Seiten sehr schnell durch, doch möchte man trotz aller thematischen Schwere gerne wieder eintauchen in Florians Welt und seine Reise begleiten.

Beachtlich ist an Xes auch, dass der Comic trotz aller sexuellen Inhalte niemals explizit in der grafischen Darstellung wird. Das hat die Geschichte auch definitiv nicht nötig, würde im Gegenteil eher kontraproduktiv wirken. Hier wird ein – leider zu Unrecht – als Tabu gehaltenes Thema locker und dennoch seriös angegangen. Im äußerst informativen Nachwort von Dr. Kornelius Roth erfährt man dann, dass die WHO im Jahre 2019 in ihrem neuen Klassifizierungssystem für Krankheiten (ICD) erstmals Sexsucht (zusammen mit Spielsucht) in ihren Kanon als „anerkannte Krankheit“ aufgelistet hat. In Kraft tritt die neue Klassifikation dann allerdings erst im Jahre 2022. Bis dahin kann man Betroffenen, Angehörigen und Interessierten jedenfalls Florian Winters erhellende und offenherzige Graphic Novel Xes sehr ans Herz legen. Nicht nur aufgrund mangelnder Konkurrenz könnte sich Xes zum Referenzwerk zum Thema Sex- und Liebessucht entwickeln.

Xes von Florian Winter, 360 Seiten, erschienen im Avant Verlag.