Die Geschichte meiner Frau
Größte der vielen Enttäuschungen, mit denen Ildikó Enyedis seichte Romanverfilmung Die Geschichte meiner Frau ernüchtert, ist die Verschwendung künstlerischen Potenzials. Das fähige Ensemble spielt die banalen Konflikte in einer von Armut, Schmutz, politischen Umbrüchen und sozialen Konflikten bereinigten Frühmoderne als warte es vergeblich auf etwas Dramatik oder das Ende des fast dreistündigen Männerschmerz-Melodrams.
Selbiges illustriert mit Hang zu plakativer Metaphorik das vorhersehbare Scheitern einer Spontan-Ehe. Selbige initiiert der psychosomatisch an Einsamkeit krankende Kapitän Störr (Gijs Naber), als er mit seinem verschlagenen Geschäftsfreund (Sergio Rubini) wettet, die erste Besucherin eines Cafés zu heiraten. Die Prämisse klingt Altherren-Witz, will aber gediegenes Drama sein.
Doch der sanfte Humor, der das letzte Werk der ungarischen Drehbuchautorin und Regisseurin auszeichnete, fehlt dem larmoyanten Porträt eines makellosen (Ehe)Mannes, den eine kapriziöse Verführerin leiden lässt. Handlung und Figuren stagnieren, während der prestigehungrige Euro-Pudding ermüdend viele Variationen derselben Szenen Ehegeplänkel durchexerziert. Pittoreske Ausstattung, modenschaureife Kostüme und akzentstarke Dialoge lassen die überkandidelten Eifersüchteleien ähnlich konstruiert wirken wie Léa Seydouxs Lizzy.
Jung, schön, kokett, launisch und undurchsichtig ohne jede Tiefe ist sie reduktive Verkörperung chauvinistischer Ängste und Begehrlichkeiten. Ansätze ironischer Brechung machen die latent misogyne Chronik cis-männlichen Selbstmitleids nicht bekömmlicher – oder weniger redundant als die zahllosen gleichartigen Ergüsse.
Regie und Drehbuch: Ildikó Enyedi, basierend auf dem Roman von Milán Füst, Darsteller: Léa Seydoux, Louis Garrel, Luna Wedler, Jasmine Trinca, Romane Bohringer, Ulrich Matthes, Gijs Naber, Filmlänge: 169 Minuten, Kinostart: 05.11.2021