The French Dispatch
Gleich des darin verklärten Magazinklassikers ist Wes Andersons epigrammatisches Ensemblestück The French Dispatch inhaltlich nur blasser Abglanz dessen, was Optik und Nimbus versprechen. Überbordendes Schauspieltalent, trockener Witz und dramaturgische Flachheit kennzeichnen die hohltönende Hommage an den New Yorker. Dessen publizistische Potpourri liefert den pittoresken Rahmen der in detailverliebte Miniaturen fragmentierten Vignetten. Ein radelnder Reporter (Owen Wilson) präsentiert sein Quartier im fiktiven französischen Schauplatz Ennui-sur-Blasé, ein geisteskranker Verbrecher (Benicio del Toro) schafft inspiriert von seiner Gefängniswärterin (Lea Seydoux) ein modernes Meisterwerk, eine altjüngferliche Autorin (Frances McDormand) lektoriert einen jungen Revoluzzer (Timothée Chalamet) und ein Restaurant-Redakteur (Jeffrey Wright) rekapituliert ein Ganoven-Gourmet-Gastmahl.
Das Dahinscheiden eines vom obligatorischen Bill Murray verkörperten Harold-Ross-Pendants initiierte das in der Abschlussausgabe des Titelmediums versammelte Quartett inszenierter Essays. Deren Schaukasten-Szenen fungieren – mitunter wortwörtlich – als Bühne für exaltierte Ästhetik. Damit verniedlicht Anderson seinen sarkastischen Konservativismus: Abstrakte Kunst ist überbewertetes Symptom psychischer Krankheit, die 68er Studentenunruhen seiner französischen Wahlheimat pubertärer Narzissmus, Frauen ausschließlich sexuell/romantisch definiert und ein James Baldwin dandyhafter Restaurantkritiker.
Nostalgische Naivität kaschiert reduktiven Revisionismus, dessen akzentuierte Artifizialität Dramatik und Anteilnahme erstickt. Der manierierte Mechanismus aus kalkulierten Klischeekulissen und stilisierten Stereotypen ist mehr parodistisches Plagiat als Referenz an gedruckten Qualitätsjournalismus, dessen Essenz dem emotionslosen Epitaph entgeht.
Regie und Drehbuch: Wes Anderson, Darsteller: Léa Seydoux, Timothée Chalamet, Christoph Waltz, Saoirse Ronan, Jeffrey Wright, Rupert Friend, Adrien Brody, Toheeb Jimoh, Elisabeth Moss, Owen Wilson, Willem Dafoe, Tilda Swinton, Edward Norton, Frances McDormand, Benicio del Toro, Bill Murray, Filmlänge: 108 Minuten, Kinostart: 21.10.2021