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David Copperfield – Einmal Reichtum und zurück

7
Komödie

Mit dem essenziellen Verständnis, dass Charles Dickens Vorlage ebenso sehr von den eigenen Jugendjahren des Autors handelt wie von einer ausufernden Menagerie exzentrischer Protagonisten, die weniger authentische Individuen darstellen als Verkörperungen überspitzter Persönlichkeitstypen, hat Armando Innauccis lose Adaption einen entscheidenden Vorzug gegenüber konventionelleren Verfilmungen des Bildungs- und Schlüsselromans. Dessen sentimentale Szenerie ersetzt ein bewusst bühnenhafter Viktorianismus, bevölkert von einer diversen Besetzung, deren Interaktion David (Dev Patel) als Erzähler seines eigenen Lebens erst beobachtet und schließlich dirigiert. Doch Überlappung von Werk und Autor sowie die Darstellung von Schriftstellerei als Mittel zur Selbsterkenntnis, Emanzipation sowie psychologischer Aufarbeitung sind offenkundige Imitation Greta Gerwigs.

 

Ihr Little Women prägt neben der Metaebene der temporeichen Inszenierung die plausiblere Gewichtung der in Iannuccis Spielfilmdebüts The Death of Stalin kaum existenten Frauenfiguren. Betsey Trotwood (stets brillant: Tilda Swinton), Peggoty (Daisy May Cooper) und insbesondere Agnes (Rosalind Eleazar) sind patenter als der jämmerliche Schuldner Mr. Micawber (Peter Capaldi), selbstmitleidige Steerforth (Aneurin Barnard) und Schleimscheißer Uriah Heep (Ben Whishaw). Aller Kurzauftritte sind ähnlich reduktiv wie die Dickens typischen Pathos ironisch auflockernde Handlung, deren Vertrautheit Regisseur und Co-Drehbuchautor Simon Blackwell voraussetzen. Beider unterhaltsames Episoden-Exposè kreist mehr um Cast, Kostüme, Komik und Kulissen als Story, aber das ist kurioserweise umso originalgetreuer.

Regie: Armando Iannucci, Drehbuch: Armando Iannucci, Simon Blackwell, basierend auf dem Roman von Charles Dickens, Darsteller: Dev Patel, Hugh Laurie, Tilda Swinton, Ben Whishaw, Benedict Wong, Gwendoline Christie, Daisy May Cooper, Rosalind Eleazar, Filmlänge: 119 Minuten, Kinostart: 24.09.2020