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Shooutout – Keine Gnade

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Action

Zwei Giganten des 80er-Jahre-Actionkinos arbeiten zum ersten Mal in ihren bereits langen Karrieren zusammen. Walter Hill dirigiert Sylvester Stallone durch die Comicverfilmung Shootout – Keine Gnade.

Im Original heißt der Film eigentlich Bullet to the Head, aber scheinbar könnte man den Titel hierzulande zu leicht als Tragödie über einen selbstmordgefährdeten Auftragskiller verstehen, anstatt einen Actionfilm über einen Auftragskiller mit striktem Moralkodex, der nach Rache sinnt. Deshalb der aussagekräftige „deutsche“ Titel Shootout – Keine Gnade. James Bonomo alias Jimmy Bobo (Sylvester Stallone) ist Auftragskiller, der bei seinem letzten Auftrag eine unschuldige Zeugin am Leben lässt, was allerdings gar nicht der Grund ist, warum seine Auftraggeber beschließen, ihn und seinen Partner aus dem Weg zu räumen. Während sein Kollege von Keegan (Jason Momoa) zur Strecke gebracht wird, kann Bobo entkommen und wird seitdem von Gedanken der Rache beherrscht. Erst durch die Zusammenarbeit mit dem Polizisten Taylor Kwon (Sung Kang) kommt er den Hintermännern auf die Spur. Dass Bobo auch noch eine Tochter (Sarah Shahi) hat, die in die ganze Angelegenheit mit reingezogen wird, versteht sich wohl von selbst.

 

Walter Hill hat mit Nur 48 Stunden und Red Heat in den 80er Jahren gezeigt, dass er sich wie kaum ein anderer darauf versteht, ungleiche Paarungen zum Erfolg im Kampf gegen das Verbrechen zu führen. Aber es waren nicht nur diese ungewöhnlichen Figurenkonstellationen, die die sozialen Gefüge der dargestellten Gesellschaftsschichten in abstrakter Form abbildeten und sie im Verlauf mehr und mehr zusammenschweißen und an sich selbst wachsen ließen. Es war gleichzeitig auch seine Mischung aus leichtfüßigem Buddy-Movie-Humor und düsterer Action, geprägt von einer stringenten Inszenierung, die seine Filme hervorgehoben haben. Außerdem waren seine Werke stets von typischen Western-Motiven geprägt, besonders Streifen wie Johnny Handsome und Last Man Standing (seines Zeichens ein Remake von Yojimbo – Der Leibwächter bzw. Für eine Handvoll Dollar) können als Neo-Western oder vielmehr als Western in kontemporärem Gewand gelesen werden.

Gleiches versucht Hill auch in Shootout beim Zuschauer zu evozieren. Jimmy Bobo ist der einsame Held, der das Unrecht wieder ins Gleichgewicht bringen muss und zwar mit dem einzigen Mittel das er kennt, nämlich blanker Gewalt. An seiner Seite fungiert ein Partner, der in dieser von Brutalität dominierten Welt zwar vom Standpunkt des Polizisten aus durchaus Erfahrung hat, die dort praktizierten „Umgangsformen“ jedoch nicht beherrscht. Mehr und mehr sieht er sich in die Unterwelt hineingezogen und ist gezwungen sich anzupassen. Auf der anderen Seite des Spektrums steht Keegan, ein gnadenloser Söldner, der ebenfalls als Auftragsmörder und Mann fürs Grobe arbeitet und genau wie sein Konterpart einem strikten Moralkodex folgt.

In gewisser Weise erinnert Shootout leider viel zu sehr an den 90er-Jahre-Stallone-Actionfilm Assassins. Alle Versatzstücke sind auch hier vorhanden und werden im Verlauf kaum abgeändert. Hills und Stallones Zusammenarbeit, der Versuch die ikonenhafte Zeit des großen Actionkinos wieder aufleben zu lassen, entpuppt sich als handzahmer Film, der in keinem Moment die erstaunliche Kombination eines humorvollen Actionfilms mit düsterer Atmosphäre aufkommen lässt. Die lustig gemeinten Buddy-Elemente zwischen Bobo und Kwon sind nichts weiter als eine Ansammlung abgedroschener Phrasen und eine nicht ernstzunehmende Lamentation über die Unterschiede in ihrer Herkunft und Gesellschaftsschicht. Das wird vor allem durch den Umstand verdeutlicht, dass Stallone und Kang keinerlei Chemie im Zusammenspiel entwickeln, Kang zudem eine wahrlich schlechte Leistung abliefert, wodurch seine Figur stellenweise nahezu inkompetent und lächerlich wirkt. Am lustigsten ist dann noch die Aneinanderreihung von Jimmy Bobos Verhaftungsfotos, die von den 70er-Jahren bis in die Gegenwart reichen und die äußere Wandlung Stallones auf erschreckend drastische und unfreiwillig komische Weise zeigen.

Die Actionszenen sind überraschend unspektakulär und handfest inszeniert, auf gloriosen Bombast wird weitestgehend verzichtet, was zumindest in dieser Hinsicht erfolgreich funktioniert und am Ende in einem gelungenen Showdown kulminiert. Besonders in diesem Bereich liegen nach wie vor die Stärken von Stallone und Hill und in weiterer Instanz von Shootout. Wenn die Fäuste fliegen und die Kugeln einem um die Ohren sausen, wird es für den Zuschauer fast spürbar. Die Gewalt ist hart und schnell, nicht überinszeniert oder -stilisiert, sondern einfach und effizient. Hier ringt sich Shootout wohl auch seinen interessantesten Aspekt ab, denn Stallones Jimmy Bobo wirkt wie ein Artefakt einer längst vergangenen Epoche, der vor allem gegen seinen eigenen und persönlichen Untergang ankämpft, der es nicht einfach so hinnehmen kann, dass seine Mittel und Vorstellungen, sein Moralkodex und seine Methoden längst überholt sind und er zum alten Eisen gehört. Er ist ein Mann, der von der Zeit überholt wurde und mit den Jungen nicht mehr mithalten kann – ein Umstand, der in Shootout stark zur Geltung kommt und sich von einfachen Problemen, wie moderne Telefone und Ermittlungsmethoden, bis hin zum finalen Endkampf mit Keegan manifestiert. Dieser ist selbst ein Antagonist, der zwar auf den ersten Blick simpel gestrickt scheint, aber sich dann doch als ein menschliches Wesen entpuppt und zumindest sowas wie den Anschein eines echten Charakters entwickelt.

Shootout ist zwar keineswegs die große Rückkehr zum Actionfilm, nach Hills Abwesenheit seit seinem letzten Film Undisputed aus dem Jahr 2002, und schafft es auch nicht vollständig an die Erfolge seiner Vergangenheit anzuknüpfen, stellt aber dennoch einen gelungenen Neustart seiner hoffentlich wieder einsetzenden Karriere als Filmemacher dar. Ein durchaus unterhaltsamer Film, der zwar handwerklich gelungen ist, aber inhaltlich leider einige Mängel aufweist. Shootout lädt zum Anschauen ein, jedoch nur, wenn man nicht zu genau hinschaut und das ein oder andere Mal gnädig das Auge zudrückt.

Regie: Walter Hill, Drehbuch: Alessandro Camon, Darsteller: Sylverster Stallone, Sung Kang, Jason Momoa, Sarah Shahi, Spielzeit: 92 Minuten, Kinostart: 08.03.2013, www.shootout.de