The Driver
Mit The Driver, seinem erst zweiten Film als Regisseur, liefert Walter Hill ein Meisterwerk des Crime-Thrillers ab.
Ein Fluchtwagenfahrer (Ryan O’Neal) wird zur Zielscheibe eines hartnäckigen Polizisten (Bruce Dern). Zwei Welten prallen aufeinander, die ihre persönlichen Unterschiede genauso zum Vorschein bringt, wie ihre Ähnlichkeiten. Mitten in diese Auseinandersetzung wird eine Spielerin (Isabelle Adjani) involviert, die den Driver (keine der Figuren im Film hat einen Namen) bei einer Flucht beobachtet und erkennt, vor der Polizei aber trotzdem schweigt. Der Polizist greift in seiner Besessenheit, den noch nie geschnappten Driver zu erwischen, zu immer drastischeren Mitteln und heuert sogar andere Verbrecher an, um dem Driver eine Falle zu stellen.
Was gleich als erstes bei The Driver auffällt, ist die Geradlinigkeit der Geschichte. Oftmals könnte man das als Nachteil werten, doch hier beweist Walter Hill mit welcher Ökonomie und Präzision er es versteht eine Geschichte zu erzählen. Das bedeutet aber zwangsläufig nicht, dass der Thriller von simplen und oberflächlichen Figuren bevölkert ist, ganz im Gegenteil. Auch wenn keiner der Charaktere einen eigenen Namen hat, lässt sie gerade diese vermeintliche Entmenschlichung zu mythischen Figuren werden, ähnlich wie die großen Westernhelden oder solche Kultfiguren wie ein Snake Plissken oder Mad Max. Gerade ersteres, also der Western, ist ein immer wiederkehrendes Motiv in The Driver (und auch in vielen anderen Filmen Walter Hills), benutzt er doch klassische, archetypische Elemente des Genres (nicht zuletzt nennt der Polizist den Driver die meiste Zeit einfach nur “Cowboy”) und transportiert sie in die Gegenwart seiner Handlung.
Mit dem Drehbuch hat Walter Hill seinen Schreiben perfektioniert und seinen Stil, der eine faszinierende Mischung aus Haiku, knappen Sätzen und wenig Worten mit viel Inhalt ist und dadurch beinahe so etwas wie einen poetischen Sog entwickelt, auf die Spitze getrieben (sehr empfehlenswerte Lektüre, nicht nur für Filmfans und Filmemacher). Ryan O’Neal ist zwar nicht der ausdrucksstärkste Schauspieler, trotzdem oder vielmehr gerade wegen seiner limitierten Fähigkeiten füllt er die Rolle perfekt aus. Sein stoisches Spiel steht seiner Figur des Driver ausgezeichnet (ähnlich wie Jahrzehnte später Ryan Gosling in dem von Hills Film inspirierten Drive), von daher braucht er sich auch nicht gegenüber einem Schwergewicht wie Bruce Dern verstecken. Es zeigt nur einmal mehr Walter Hills Händchen für die richtige Besetzung seiner Filme.
Man darf nicht den Fehler begehen und The Driver mit einem Actionspektakel verwechseln, das von Anfang an Vollgas gibt, ähnlich wie zum Beispiel Mad Max: Fury Road. Vielmehr ist der Film ein geistiger Verwandter des Kinos von Jean-Pierre Melville mit seiner ruhigen, stilsicheren Inszenierung, einem perfekt auf den Punkt gebrachten Drehbuch und einer Besetzung, die wie für diesen Film gemacht ist. Die gelegentlichen Momente der Gewalt und von Verfolgungsjagden sind vielmehr plötzliche Eruptionen, die aus Handlung und Figuren hervorbrechen. Es ist nur etwas ernüchternd, dass The Driver nicht als das Genre-Meisterwerk angesehen wird, das es ist.
Regie und Drehbuch: Walter Hill, Darsteller: Ryan O’Neal, Bruce Dern, Isabelle Adjani, Ronee Blakley, Matt Clark, Filmlänge: 92 Minuten, DVD/Blu-Ray Release: 10.07.2014