The Batman
Robert Pattinson schlüpft ins Kostüm der Fledermaus und begibt sich, in Matt Reeves The Batman, ins bis dato düsterste Gotham City.
Wann immer ein Batman-Film angekündigt wird, stellt sich die Frage, ob es eine Neuinterpretation des Dunklen Ritters überhaupt braucht. Die Antwort ist schlicht und einfach: Ja! The Batman ist ein Paradebeispiel dafür, wieso sämtliche Versionen von Bruce Wayne und seinem Alter Ego koexistieren können. Wieso dieselbe Figur mit leichten Abänderungen plötzlich in komplett anderem Licht, oder Schatten, stehen kann, und den Zuseher aufs Neue in eine vertraut geglaubte Welt zieht.
The Batman begibt sich aus inszenatorischer Sicht in unbekannte Gebiete. Denn auf die kleinste Einheit herunter gebrochen, hat Matt Reeves keinen Superheldenfilm inszeniert, sondern einen Thriller – dass einer der ikonischsten Superhelden den Hauptcharakter spielt, ist die schwarze Kirsche auf dem Eisbecher. In der Halloween Nacht findet der Riddler (Paul Dano) sein erstes Opfer und startet damit seine perfide Schnitzeljagd. In seinem eigenen Haus ermordet, finden Lt. James Gordon (Jeffrey Wright) und Batman (Robert Pattinson) den Bürgermeister von Gotham City.
In einem Brief adressiert an die Fledermaus, stellt er ihm sein erstes Rätsel und kündigt weitere Morde an. Die Nachforschungen vom dunklen Ritter ergeben, dass sowohl Politiker als auch Polizisten, mit dem kriminellen Untergrund von Gotham in Verbindung stehen. Dies führt Batman zum Nachtclub des Pinguins (Colin Farrell), in dem Selina Kyle (Zoë Kravitz) arbeitet. Bei Nacht als Diebin mit Katzenohren unterwegs, ist sie auf der Suche nach ihrer Freundin, welche eine Affäre mit dem Bürgermeister hatte, und seitdem spurlos verschwunden ist. Vor den Augen des Batman entspinnt sich ein Geflecht aus Verbrechen und Korruption, welches ihm der Riddler offenbart.
Die mittlerweile siebte Neuauflage des dunklen Helden auf der großen Leinwand, besticht vor allem mit seiner überwältigenden Bildsprache. Während die Story nur vereinzelte Spitzen liefert, macht die Atmosphäre auch die ruhigste Szene zu einem Erlebnis. Gotham lebt, atmet und tropft. Die Musik von Michael Giacchino untermalt die Epik dieser Momente und liefert eines der einprägsamsten Hauptthemen in der Geschichte der Batman-Filme.
Trotz der rar gesäten Actionsequenzen gehen die knapp drei Stunden in einem Guss und mit erstaunlich wenigen Längen runter. Und wenn es dann mal knallt, dann bebt der Kinosaal. Wenn der Motor des Batmobils nach über einer Stunde zum ersten Mal angeht und man die Angst in den Augen der Bösewichte spürt, kann man nicht mehr still im Sessel sitzen. Die darauffolgende Verfolgungsjagd, ist eine der intensivsten und befriedigendsten der letzten Jahre.
Das Beste an Matt Reeves Werk ist allerdings, dass er einen BATMAN-Film gemacht hat. 90% der Zeit sehen wir den Charakter, wegen dem wir ins Kino gehen. Nicht Bruce Wayne – Batman! So simpel das erscheinen mag, so klar wird es einem, wenn man es in dieser kompromisslosen Art, vor Augen geführt bekommt. In den wenigen Szenen mit Bruce Wayne versteht der Zuseher auch warum. Der Milliardär ist bleich und abgemagert von seiner nächtlichen Arbeit. Tagsüber gibt es nichts für ihn und trotz seiner Sucht nach der Verbrecherjagd, fragt er sich, ob er wirklich der Gute in der Geschichte ist. Der Charakter ist durch und durch gebrochen. Das kennt man zwar schon in Ansetzen aus anderen Adaptionen – in dieser Dringlichkeit ist es allerdings neu.
Und hier liegt einer der wenigen Kritikpunkte. So weit man sich aus dem Fenster gelehnt hat, etwas Anderes zu machen – kurz vor der Zielgeraden aufzuhören, tut dann doch etwas weh. The Batman wäre der perfekte Grundstein, für den ersten nicht jugendfreien Ableger des Superhelden gewesen. Die Szenen mit dem Riddler sind furchteinflößend, schneiden aber im letzten Moment weg. Der Dunkle Ritter haut mit voller Wucht zu, die brutalen Auswirkung der Schläge sieht man aber nicht.
The Batman ist gemacht für die große Leinwand und wäre auch ohne Nachfolger ein episches Werk, das es sich an der Spitze des Superhelden Gipfel gemütlich macht. Sollte Teil zwei irgendwann kommen, wird niemand protestieren. Genau so darf Superheldenkino sein.
Regie: Matt Reeves, Drehbuch: Matt Reeves, Peter Craig, Darsteller: Zoë Kravitz, Robert Pattinson, Paul Dano, Barry Keoghan, Amber Sienna, Colin Farrell, Peter Sarsgaard, John Turturro, Andy Serkis, Jeffrey Wright, Filmlänge: 175 Minuten, Kinostart: 03.03.2022