House of Gucci

Mit seiner gediegenen Optik und reißerischer Exzentrik ist Ridley Scotts mörderisches Modemelodram House of Gucci filmisches Pendant eines Plagiat-Produktes der titelgebenden Designer-Dynastie. Deren Mythos erkennt die auf Sara Gay Fordens Sachbuch basierende Sensationsstory nie als Materialismus-Märchen fossiler Snobs, deren antiquierte Ästhetik nicht Qualität, sondern Kaufkraft signalisiert. Diese durch Kulissen und Kostüme von überteuerter Hässlichkeit gespiegelte Oberflächlichkeit ist markanteste Schwäche des prestigeträchtigen Trashs.

Aus dessen Ensemble spielt jede*r die Hauptrolle eines eigenen Films, den der Plot zeitweise priorisiert. Drivers Gucci-Erbe Maurizio steckt in einem Ehedrama, Leto knallchargiert Möchtegern-Modestar Paolo und Pacino interpretiert Onkel Aldo Gucci als Mafia-Paten.

Künstlerisches Momentum der schillernden Chronik voll aufdringlicher 80er Pop-Songs, Fake-Akzente und karikaturesker Kontinental-Körpersprache ist Lady Gagas intrigante Patrizia Reggiani, deren Liebe zu Maurizio untrennbar mit Statusambitionen verbunden ist. Aus dem Drehbuchstereotyp der vulgären Aufsteigerin destilliert ihre differenzierte Darstellung eine instinktive Geschäftsfrau, deren progressive Firmenpolitik struktureller Sexismus und elitäre Inkompetenz blockieren.

Das dissonante Narrativ atmet jedoch selbst Klassismus, Chauvinismus und Traditionalismus, deren Interaktion interessantester Aspekt der unleugbar unterhaltsamen Telenovela hätte sein können. Doch Scott ist für die ambivalente Anziehungskraft obszönen Reichtums so blind wie für den Camp-Faktor eines überlangen inszenatorischen Witzes, in den ihn offenbar niemand eingeweiht hat.

Regie: Ridley Scott, Drehbuch: Becky Johnston, Roberto Bentivegna, basierend auf dem Buch von Sara Gay Forden, Darsteller: Adam Driver, Salma Hayek, Jared Leto, Al Pacino, Jeremy Irons, Lady Gaga, Jack Huston, Filmlänge: 158 Minuten, Kinostart: k.A. (ursprünglicher Kinostart: 02.12.2021)