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Festival der Nationen 2017 – Jubiläen und Premieren

Das Festival der Nationen feiert 2017 gleich zwei kleine Jubiläen und eine große Premiere. Natürlich zusätzlich zum umfangreichen Programm mit über 100 Kurzfilmen aus allen Gattungen und Ländern aus der ganzen Welt.

Heuer findet das Festival der Nationen bereits zum 45. Mal statt und damit zum fünften Mal in Lenzing in der Nähe des Attersees unter der Leitung von Christian Gaigg. Von daher gratulieren wir dem Festival und dem Direktor gleich einmal zu dieser, für sich genommen, beeindruckenden Leistung, Jahr für Jahr ein derart umfangreiches Festival mit bemerkenswerten (natürlich nicht durchwegs, schlechte Filme gibt es ja immerhin auf jedem Festival) Kurzfilmen auf die Beine zu stellen. Aber nicht nur das, dieses Jahr gibt es auch eine besondere Premiere: die Lenzinale.

Die Lenzinale ist ein Programm, das Jugendlichen aus aller Welt die Möglichkeit bietet unter Fachmännischer Leitung und Hilfestellung, vor Ort ihre eigenen Kurzfilme zu schreiben und zu drehen. Als Location dient ihnen dabei der Attersee und die ganze Umgebung. Profis aus allen Bereichen, wie z.B. Esther Wenger, die den Teilnehmern Basiswissen in Spielfilmregie vermittelt, ORF-Dramaturgin und -Redakteurin Julia Sengstschmid, die erklärt, was ein gutes Drehbuch ausmacht und bei der Drehbuchentwicklung mithilft, Johannes Fiala, künstlerischer Produktionsleiter der Vereinigten Bühnen Wien, der ihnen beigebracht hat, worauf man bei der Produktionsplanung achten muss, bis hin zu Kamermann Helmfried Kober, Regisseur und Cutter Arne von Nostitz-Rieneck (den wir letztes Jahr interviewt haben) und dem deutschen Kurzfilmemacher Dave Lojek (der am meisten gespielte weltweit), halfen den angehenden Regisseuren bei der Entwicklung, Planung, Produktion und Fertigstellung ihrer Kurzfilme.

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Für manche der Teilnehmer war es überhaupt das erste Mal, dass sie die Möglichkeit hatten, professionell einen Kurzfilm zu realisieren. Die Filme feierten dann im ersten Block, dem Jugendblock, ihre Premiere und wurden zum ersten Mal einem breiten Publikum gezeigt. Mit Ausnahme von Lego, Feuer und Wasser von Thomas Speckhofer, der seinen Animationsfilm, wie auch letztes Jahr, im Alleingang gemacht hat, waren es allesamt Filme aus dem Lenzinale-Programm. Die wir an dieser Stelle gerne alle kurz vorstellen wollen.

Glühen von Daniel Bracher und Lukas Gut erzählt, wie die Statue des Festivals der Nationen, der Lenz, entsteht und von wem er gemacht wird. Marie Wenger und Flora Kappeler bieten in ihrem Dokumentarfilm Freischwimmen einen Einblick in das Leben eines jugendlichen Flüchtlings, der mit seiner Familie in Oberösterreich lebt und versucht sich ein Leben und vor allem auch eine eigene Identität und Heimat aufzubauen, da er momentan keinerlei Staatszugehörigkeit hat. In Realität von Bente Rohde wird sehr schön und originell die Diskrepanz zwischen Fiktion und Wirklichkeit am Beispiel eines Autors von Überlebensratgebern dargestellt, der von seiner Frau herausgefordert wird, es tatsächlich selbst einmal versucht in der Wildnis zu überleben und erkennen muss, dass das, was er schreibt, nicht unbedingt (eben) der Realität entspricht.

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Saeedeh Tajik und Ghazaleh Dindar zeigen in Mein Leben anhand von nur drei Einstellungen bzw. Sequenzen die Inhaltsleere im Leben eines Mannes – und das mit einer überraschend verschlüsselten Machart. Lukas Gut, der überhaupt zum ersten Mal einen professionellen Kurzfilm gemacht hat, beeindruckt mit Letting the Days pass, einem Zusammenschnitt aus altem und neuem Filmmaterial, das auf melancholische Weise das Verstreichen der Zeit und den Wandel der Welt darstellt – und das auf eine teils so verfremdete Art und Weise, dass man nicht einmal erkennt, dass es sich bei den Aufnahmen um eine lokale Szenerie handelt. Ein wundervoller Tag von Sven Sarang Jansari und Malien Hansen ist eine humorvolle, originelle Schilderung über einen Heiratsantrag und was dabei alles schief gehen kann, wenn man den Wecker überhört.

Der post-apokalyptische Sci-Fi Film Brioche, Fisch und Lavashak von den Franzosen Kevin Bantsimba und Alexis Morin-Tardiveau ist der wohl aufwendigste und längste Kurzfilm aus der Lenzinale. Darin geht es um drei Figuren, deren Schicksale sich auf dramatische Weise in einer, von einem Virus dahingerafften, beinahe menschenleeren Welt kreuzen. Den Abschluss bildet der Dokumentarfilm Kein Land ohne BäuerInnen von Daniel Bracha, der schon gleich bei der ersten Einstellung sein großes Vorbild Ulrich Seidl erkennen lässt – eine intime Schilderung über das Leben eines Kleinbauern und die Probleme, vor denen er und seine Familie stehen.