New Order (c) 2020 Filmladen Filmverleih(6)

New Order

6
Drama

Michel Francos neuer Film, das Sci-Fi Drama New Order, zeigt eine Dystopie in einer nicht allzu weit entfernten Zukunft.

Marianne (Naian Gonzalez Norvind) und Alan (Darío Yazbek) sind jung, gutaussehend und reich. Das Paar feiert gerade ihre Hochzeit in dem Anwesen der Brauteltern, als ein alter Familienfreund an den Pforten klopft. Er berichtet von Ausschreitungen in der Stadt, weshalb er seine schwerkranke Frau in ein privates Krankenhaus verlegen muss. Da er nicht das nötige Geld dafür hat, bittet er seine ehemaligen Arbeitgeber um Geld. Als die Eltern ihm ausreichend Hilfe verwehren, beschließt Marianne die Sache in die Hand zu nehmen. Als sie auf dem Weg ins Armenviertel ist, erreicht der Aufstand das Haus der Eltern. Bewaffnet und ohne Skrupel verschaffen sich mehrere Menschen Zutritt und beginnen zu plündern und zu morden. Getrennt von ihrer Familie ergeht es Marianne nicht besser. Im Glauben dem Militär vertrauen zu können, wird sie kurzerhand eingesperrt und als Druckmittel für Lösegeld benutzt.

New Order hat bei seiner Premiere bei den Filmfestspielen in Venedig die Meinungen gespalten. Denn Michel Franco weiß mit seinem Werk zu provozieren und zu schockieren. Im ersten Drittel gelingt es dem mexikanischen Regisseur ein dichte Stimmung aufzubauen und das Publikum in seine bedrohliche Welt hineinzuziehen. Die Charaktere sind ambivalent und real, und der Zuseher will mehr über sie erfahren. Doch dann kommt der Bruch und man muss sich plötzlich zwingen, hinzusehen.

 

Die Intensität mit der diese „Neue Weltordnung“ ankommt überrascht sowohl Protagonisten als auch Zuseher. Dabei geht es gar nicht so sehr darum, dass die Brutalität so explizit dargestellt wird. Viel erschreckender ist, dass der Film nicht nur in der Tonalität bricht, sondern auch mit stilistischen Konventionen. Plötzlich gibt es keinen klaren Handlungsstrang mehr, man versteht nicht warum diese schrecklichen Dinge passieren und wer dafür verantwortlich ist. Die wilden Zeitsprünge irritieren und hinterlassen hilflose Menschen auf und vor der Leinwand. Das Gesamtpaket mag für manche eine meisterliche Komposition ergeben und für andere eine geschmacklose Gewaltverherrlichung – wodurch sich New Order jedenfalls auszeichnet, ist dass es seine unkonventionelle Herangehensweise durchgehend beibehält und damit ein einprägsames Erlebnis schafft.

Das man ihn nicht so schnell vergisst ist gut, denn Lust auf mehrmalige Sichtungen macht die Dystopie auf keinen Fall. Kameraarbeit und schauspielerische Leistungen sind zwar herausragend, jedoch fehlt einem die Zeit diese Qualitäten zu genießen, wenn der Inhalt dermaßen gewollt-abstoßend bleibt. Des Weiteren dreht sich bei der Bewertung von Michel Francos Werk viel um die Frage des Sinns hinter dem Gezeigten. Er zeichnet ein nihilistisches Bild von den Auswirkungen eines Aufstands in seinem Heimatland und enthält sich somit jeglicher Kommentare. Ob man als Zuseher damit leben kann, dass ein Film dermaßen schockierende Szenen ohne jegliche Einordnung liefert, muss jeder für sich entscheiden.

New Order ist weder ein schreckliches Debakel noch das größte Meisterwerk seit Parasite. Ein großartiger Auftakt macht Platz für einen überraschenden Twist. Dieser kommt allerdings auf Kosten des Wohlbefindens des Publikums.

Regie und Drehbuch: Michel Franco, Darsteller: Naian González Norvind, Fernando Cuautle, Diego Boneta, Samantha Yazareth Anaya, Dario Yazbek Bernal, Filmlänge: 86 Minuten, Kinostart: 13.08.2021

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