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Die Legende der Prinzessin Kaguya

8
Fantasy

Isao Takahatas letzter Film erzählt Japans ältestes Märchen in unverwechselbarem und magischem Stil.

Ein kinderloser Bambusschneider (Takeo Chii/Yūji Miyake) findet eines Tages einen leuchtenden Bambussprössling im Wald. Darin befindet sich ein Fingergroßes Mädchen (Aki Asakura), das er behutsam nachhause trägt. Dort angekommen wandelt sich die kleine Gestalt zu einem normalgroßen Baby, das von da an vom Bambusschneider und seiner Frau (Nobuko Miyamoto) aufgezogen wird. Der Mann ist davon überzeugt, dass seine kleine Prinzessin ein Geschenk des Himmels ist und er ihr ein besseres Leben bieten muss. Als er wenig später einen zweiten leuchtenden Bambus findet und diesen aufschneidet, offenbart sich ihm eine große Menge an Goldstücken. Mit dem gefundenen Vermögen beschließt er, seiner Prinzessin ein Anwesen in der Hauptstadt zu bauen, um ihr endlich das Leben zu schenken, das ihr würdig ist. Währenddessen ist das Mädchen zu einer wunderschönen jungen Frau herangewachsen, das die Natur und das einfache Leben liebt. Als sie von ihrem bevorstehenden neuen Leben in der Großstadt erfährt, ist sie zunächst aufgeregt und neugierig. Doch mit der Zeit entpuppt sich das Anwesen als ihr persönliches Gefängnis und eine tiefe Trauer fällt über die schöne Prinzessin.

 

Die Legende der Prinzessin Kaguya unterscheidet sich stilistisch und erzählerisch so stark von den restlichen Ghibli Filmen, dass es schwer fällt ihn überhaupt mit anderen Werken des Studios zu vergleichen. Die märchenhafte Erzählweise und der dazu passende Tusche-Zeichenstil tragen die bewegten Bilder über die Länge von 137 Minuten. Leider ist Isao Takahatas Vision der Geschichte vom Bambussammler, wie das Märchen im Original heißt, nach dem Abspann nicht klar erkennbar. Zu Beginn wird der Charakter von Sutemaru (Kengo Kōra) eingeführt, der im Original nicht vorkommen, für die Prinzessin aber ein love-interest darstellt und ihr dadurch mehr Tiefe verleiht. Allerdings muss dieser in der zweiten Hälfte der Narrative weichen und wird nicht mehr eingebaut. Das Finale verweist dann wieder auf Sutemaru und versucht eine Klammer zum Anfang und womöglich ein alternatives Ende zu präsentieren. Allerdings bleibt der Regisseur dann doch der Vorlage treu und zeigt den originalen Abschluss der Geschichte.

Diese halbgare Ausführung ist der größte Schwachpunkt von Die Legende der Prinzessin Kaguya. Ein Werk, das sich strikt an die Überlieferung gehalten hätte, wäre eine kürzere, aber runde Erfahrung gewesen. Die Idee mehr Tiefe und neue Elemente einzubauen hätte im Umkehrschluss von vorne bis hinten durchgezogen werden müssen. Das traurige Ende verliert dadurch an Bedeutung und hinterlässt all jene Zuseher, die vorab nicht mit dem Original vertraut waren, mit Ratlosigkeit. Inszenatorisch wird Isao Takahatas letztes Werk vor seinem Tod, auch in den kommenden Jahrzehnten als zeitlos betrachtet werden. Die Zeichnungen sind so simpel und doch so klar, dass sie den Film zu einem unvergesslichen Erlebnis machen. Wenn Prinzessin Kaguya, wie sie im Laufe des Films benannt wird, in einer Traumsequenz durch die Straßen der Stadt bis zu den Bergen läuft, fällt einem der Mund vor Staunen auf.

Bei einer ersten Besichtigung des Filmes empfiehlt es sich im Vorhinein schon die groben Züge der Vorlage zu kennen. Ohne jedes Vorwissen ist Die Legende der Prinzessin Kaguya sehenswert, kann aber sein Publikum verwirrt womöglich sogar enttäuscht zurücklassen. Durch ein vorab informieren, kann man als Zuseher mehr von der Erfahrung mitnehmen und ein starkes Filmerlebnis zu einem außerordentlichen machen.

Regie: Isao Takahata, Drehbuch: Isao Takahata, Riko Sakaguchi, Stimmen (Original): Aki Asakura, Kengo Kôra, Takeo Chii, Nobuko Miyamoto, Atsuko Takahata, Filmlänge: 131 Minuten, DVD/Blu-Ray Release: 24.04.2015