Buñuel im Labyrinth der Schildkröten
Buñuel im Labyrinth der Schildkröten erzählt die Entstehungsgeschichte des dritten Films des legendären Regisseurs Luis Buñuel. Die Originalszenen aus Land without bread werden nahtlos in diesen sehenswerten Animationsfilm eingebunden.
Der Mexikaner Luis Buñuel (Jorge Usón) ist Regisseur und feiert gerade die Premiere seines zweiten Films Das Goldene Zeitalter in Paris. Ähnlich wie sein Freund Salvador Dalí (Salvador Simó) zählt Buñuel zu den Surrealisten, womit er Anfang der 30er Jahre ziemlich aneckt. Als dem Publikum klar wird, dass der Film kritische Bilder gegenüber der Kirche beinhaltet und somit auch den Vatikan verärgert, wird Buñuel kurzerhand zur Persona non grata der Filmindustrie. In Paris nunmehr unerwünscht, besucht Buñuel seinen Freund Ramón Acín (Fernando Ramos) in Spanien und erzählt ihm von seiner Idee für einen Dokumentarfilm über die spanische Region Las Hurdes. Durch einen glücklichen Zufall ist es Ramón möglich seinem Freund auszuhelfen und beschließt Buñuels Dokumentarfilm zu finanzieren.
Salvador Simó, Regisseur von Buñuel im Labyrinth der Schildkröten, erzählt in einem Interview, dass Anfangs für einen Realfilm geplant wurde. Erst später kam die Entscheidung den Film zu animieren. Diese Herangehensweise kann man durchwegs in positivem Sinne verstehen. Dass die Schauspieler im selben Raum miteinander gespielt haben, gibt den animierten Figuren zusätzliche Glaubwürdigkeit und macht den gesamten Film lebendiger. Die Originalszenen aus Land without bread werden immer dann eingeblendet, wenn sie im Begriff sind, von den animierten Protagonisten gefilmt zu werden. Hier erzielt der Wechsel von gezeichnetem zu schwarz-weißem Bild eine starke Wirkung und einen beeindruckenden Kontrast. Schlussendlich bleibt kein Zweifel, dass Animation die richtige Herangehensweise für diesen Film war. Vor allem dann, wenn langbeinige Elefanten und fliegende Augen nahtlos in Luis Buñuels Traumsequenzen eingebaut werden.
Trotz des einzigartigen Animationsstils und dem sehr überzeugenden voice acting, wirft einen der Film leider phasenweise aus seinem Bann. Generell wird dem Publikum zumindest ein geringes Vorwissen für die Figur und Bedeutung von Luis Buñuel abverlangt. Und selbst dann gibt es Szenen und Dialoge, die den Zuseher mit offenen Fragen zurücklassen. Zum Beispiel gibt es eine Schlüsselszene in der Buñuel und sein Freund Ramón aneinandergeraten. Der Auslöser für diesen Streit ist eine Verkleidung von Buñuel, die jedoch keine weitere Bewandtnis für den Film hat und auch sonst nicht zum Einsatz kommt. Der Tod ist eine wiederkehrende Figur, die im Dialog mit Buñuel steht, jedoch immer so schnell auftaucht und verschwindet, dass man sich fragt wieso sie überhaupt da war. Des Weiteren kommt es mehrere Male zu fragwürdigen Entscheidungen während der Dreharbeiten. Diese werden zwar unzensiert dargestellt, jedoch verpasst es der Film, einem jegliche Einordnung darzubieten oder einen Kommentar dazu abzugeben. Dabei wären es gerade diese Szenen wert gewesen genauer beleuchtet zu werden – eine Chance die Regisseur Salvador Simó verpasst.
Allerdings muss man dem Film zugutehalten, dass durch die vielen Facetten und Situationen ein sehr ambivalenter und sympathischer Charakter gezeichnet wird. Luis Buñuel zeigt sich einmal schlagfertig und brutal, dann wieder emotional und humorvoll. Eben jener Humor muss ebenfalls positiv erwähnt werden. Die gut verteilten Witze zünden allesamt und wirken nie forciert oder unangebracht. Ebenso verhält es sich mit den emotionalen Szenen. Diese gehen an die Nieren, auch wenn der Animationsstil ein sehr eigener und eher minimalistischer ist. Natürlich hilft es, wenn diese Szenen mit einem fantastischen Score unterlegt sind, für den Komponist Arturo Cardelús zurecht für den spanischen Filmpreis nominiert wurde.
Abschließend bleibt zu sagen, dass Buñuel im Labyrinth der Schildkröten ein absolut sehenswerter Film ist, der allerdings vor allem für Menschen gemacht ist, die sich für das Medium und seine Geschichte interessieren. Einige wenige Fehler und ein zu abruptes Ende halten ihn aber davon ab ein wirklich großartiges Werk zu werden. Am Ende wird der Film dem Genie von Luis Buñuel nicht gerecht – allerdings, wer oder was könnte das schon?
Regie: Salvador Simó, Drehbuch: Eligio R. Montero, Salvador Simó, basierend auf dem Comicbuch von Fermín Solís, Stimmen (Original): Jorge Usón, Fernando Ramos, Luis Enrique de Tomás, Cyril Corral, Javier Balas, Filmlänge: 80 Minuten, Kinostart: 13.03.2020