Videodrome
In Videodrome vermengt David Cronenberg seinen gewohnten Body-Horror mit ordentlicher Gesellschaftskritik und einem drohenden Realitätsverlust.
Max Renn (James Woods) betreibt den kleinen Privatsender “Civic TV” und spezialisiert sich auf reißerische Programme, vor allem die Klassiker Sex und Gewalt verkaufen sich im Fernsehen am Besten. Als er auf den Piratensender “Videodrome” stößt, möchte Max Kontakt mit dem Sender aufnehmen um sie für sein Programm zu gewinnen. Gleichzeitig ist seine masochistische Freundin Niki Brand (Debbie Harry) so begeistert von dem Sender, dass sie sich sogar als Darstellerin bewerben will. Doch je mehr Max „Videodrome“ sucht, desto tiefer wird er in eine Abwärtsspirale gezogen und verliert zusehends den Bezug zur Realität.
In Videodrome setzt sich David Cronenberg mit Medien, Manipulation und Realitätsverlust auseinander. Thematisch ist sein Werk nicht nur mit dem späteren, eigenen Naked Lunch, sondern auch mit John Carpenters They Live! (Medien) und Die Mächte des Wahnsinns (Realitätsverlust) verwandt. Videodrome wäre jedoch kein klassischer Cronenberg, wenn er nicht auch eine gehörige Menge an schrauigem Body-Horror aufweisen würde. Auf brillante Weise stellt Cronenberg das Zusammenspiel von Verstand und Körper dar, wie das eine auf das andere wirkt, denn je weiter der geistige Verfall bzw. Wahnsinn seines Protagonisten voranschreitet, desto mehr zerstört und verwandelt sich auch sein Körper. James Woods spielt einmal mehr sein ganzes Können aus und verändert sich im Verlauf vom zynischen Fernsehmacher zum geschundenen Wahnsinnigen, der aber vielleicht auch der einzige Mensch in seiner Umgebung ist, der die Wahrheit und Realität ganz klar und deutlich sieht.
Gerade durch die extrem subjektive Erzählweise des Films, die den Zuschauer direkt in den Protagonisten versetzt, bleibt es bis zum Schluss fraglich, was nun Realität und was Wahnvorstellung ist, denn letztlich nimmt jeder seine Sicht der Dinge als Realität wahr. Videodrome ist Sci-Fi, Body-Horror, Thriller und schwarze Komödie, die eine beängstigende Entwicklung der Medien prognostiziert. Auch wenn der Handlungsverlauf zunehmend absurder und verworrener wird, ist Videodrome doch eine erschreckend glaubwürdige (und unterhaltsame) Widerspiegelung medialer Manipulation und einer dem Menschen immanenten Gewaltbereitschaft.
Regie und Drehbuch: David Cronenberg, Darsteller: James Woods, Sonja Smits, Debbie Harry, Peter Dvorsky, Leslie Carlson, Filmlänge: 89 Minuten, DVD/Blu-Ray Release: 13.09.2018