A Hidden Life
Der christliche Glaube befindet sich in der Krise, die Überzeugungen eines Mannes kämpfen gegen die krankhafte Götzenverehrung des Nationalsozialismus, eingefangen in wunderschönen impressionistischen 173 Minuten Film. Willkommen zurück, Terrence Malick.
Es ist die Zeit, zu welcher sich die diktatorische Herrschaft der Nationalsozialisten an ihrem Höhepunkt befindet. In Mitten der österreichischen Alpen lebt Franz Jägerstätter (August Diehl) mit seiner Frau Fani (Valerie Pachner) und seinen Töchtern in einem idyllischen Bergdorf. Franz ist ein frommer Mensch und lehnt, als einer der wenigen aus seinem Dorf, die Überzeugungen der Nationalsozialisten stickt ab. Als seine Mitmenschen beginnen ihn und seine Familie aufgrund seiner Wertetreue zu diffamieren, gerät sein Glaube ins straucheln. Die Glaubenskrise erreicht ihren Klimax, als Franz zum Wehrdienst einberufen wird.
Der Name Terrence Malick ist in der Film- und Kinolandschaft kein unbeschriebenes Blatt Papier. Der impressionistische Filmemacher hat sich in seiner Vergangenheit durch sein artifizielles und anspruchsvolles Portfolio einen angesehenen Namen geschaffen. Werke wie Badlands (1973), Days of Heaven (1978) oder The Thin Red Line (1998) gehören zum Oeuvre der modernen Filmkunst. In der Branche wird er gerne öfters als „Poet des Kinos“ bezeichnet. Jedoch ist der US-Amerikanische Regisseur, Drehbuchautor und Filmproduzent gerade in den letzten Jahren in herbe Kritik geraten. Vorwürfe: Einfallslosigkeit, Pietät und Repetition. Mit A Hidden Life kann man getrost behaupten, dass Malick zu alter Stärke zurückgefunden hat. Mit seinem aktuellsten Werk bringt Malick ein sehr atmosphärisches, wunderschön anzuschauendes Porträt des Glaubens in einer Krise auf die Leinwand. Erzählt wird ein intimes Epos über die unfassbare Stärke, die für überzeugten Widerstand benötigt wird und über Courage die überlebenswichtig im Kampf gegen den Werteverfall und das Festhalten an Überzeugungen wird. Ein Kampf, der zu einer Zeit stattfindet, in welcher sich keine Aussicht auf gebürtige Ehrung finden lässt.
Die zentralen Rollen nehmen hier Franz, fantastisch gespielt von August Diehl, und Fani, wunderbar verkörpert durch Valerie Pachner, ein. Beide Darsteller erbringen eine tadellose schauspielerische Leistung, die den beiden Figuren eine melancholische Authentizität verleiht. In den Nebenrollen sind weitere bekannte Gesichter aus der deutsch-österreichischen Filmlandschaft zu finden. Eine der größten Stärken des Films ist seine fast greifbar dichte Atmosphäre und die Nähe zur österreichischen Bergbauernkultur, die selten, bis nicht in Filmen wiederzufinden ist. Die Auseinandersetzung mit Bräuchen, Kleidung, Handwerk, Alltag ist beinahe in jeder Szene faszinierend zu beobachten. Verstärkt wird das „Worldbuilding“ durch die Vermischung von der jeweiligen Fassungssprache mit dem österreichischen Dialekt. Dass die gesamte Geschichte rund um den Bauern Franz Jägerstätter auf wahren Begebenheiten beruht ist nur das i-Tüpfelchen. Eine Geschichte über einen unbesungenen Helden, welcher im Jahr 2007 von der katholischen Kirche Seelig gesprochen wurde.
Verpackt wird diese fesselnde Handlung in wunderschöne Bilder. Bilder, die aus der neuesten Universum Dokumentation stammen könnten. Atemberaubende Bergland-Szenerien werden in der klassischen Malick-Weitwinkel-Kamera eingefangen und die dichte Welt eingewoben. James Newton Howard sorgt mit einem zurückhaltenden, sentimentalen Score für eine wunderbare musikalische Untermauerung. Es lässt sich nicht viel Kritik zu A Hidden Life finden, außer, dass der Film definitiv mindestens 30 Minuten zu lange dauert. Auch der bildliche Augenschmaus, kann die doch repetitive Handlung über diesen langen Zeitraum nicht kompensieren. A Hidden Life zieht sich. Leider drückt der Film gerade gegen Ende hin zu stark auf die Pathos-Tube, sodass manche Szenen vor Kitsch und religiösem Pathos triefen.
A Hidden Life ist eine malerisch inszenierte Elegie auf eine berührende Geschichte, die ihre Stärken in ihrer dichten Atmosphäre, starken Schauspiel und ihren eindrucksvollen Bildern findet. Dieser Film zählt ohne Zweifel zu den stärkeren Werken von Terrence Malick. Wer sich für Künstler-Kino begeistern kann, brauch hier nur noch eine Menge Sitzfleisch.
Regie und Drehbuch: Terrence Malick, Darsteller: August Diehl, Valerie Pachner, Bruno Ganz, Tobias Moretti, Martin Wuttke, Franz Rogowski, Matthias Schoenaerts, Filmlänge: 173 Minuten, Filmstart: 31.01.2020, gezeigt auf der Viennale 2019