Speak No Evil (c) 2023 Erik Molberg(2)

Speak No Evil

7
Horror-Thriller

„What‘s the worst that could happen?“, fragt zu Beginn Christian Tafdrups hinterhältigem Höflichkeitshorrors Speak No Evil ein Bekannter das Protagonisten-Paar. Dessen Bredouille bourgeoiser Befangenheit benennt der wie so oft prägnantere Originaltitel der gewitzten Mischung aus Sittenkomödie und Schocker. Deren Antwort auf die Eingangsfrage ist eine biblisch brutale Allegorie, die nicht nur überraschenden Mut zu verstörenden Szenarien zeigt, sondern die sehr realen Ängste hinter dem pechschwarzen Psychothriller.

Darin besuchen Bjørn (Morten Burian) und Louise (Sidsel Siem Koch) mit Töchterchen Agnes (Liva Forsberg) ihre niederländischen Urlaubsfreunde Patrick (Fedja van Huêt) und Karin (Karina Smulders) sowie beider stummen Sohn Abel (Marius Damslev) in deren abgelegenen Einfamilienhaus.

 

Sune Kølsters stimmungsvoller Soundtrack etabliert früh die latente Nervosität der wohlhabenden Dänen, die von ihren materiell sichtlich eingeschränkteren Gastgebern immer direkter brüskiert werden. Doch aus Taktgefühl würgen die Besuchenden ihren Unmut runter wie Vegetarierin Louise ihren aufgedrängten Braten. Geschickt lässt die düstere Inszenierung Absichtlichkeit und mögliche Absichten der Provokationen im Vagen, wodurch die Atmosphäre schleichender Beunruhigung ähnlich unspezifisch bleibt wie Louises wachsende Ängste.

Bjørn hingegen ist fasziniert von Patricks männlicher Dominanz, bis diese Abel gegenüber in Sadismus eskaliert. Öffnet der Junge den Mund zu einem lautlosen Schrei, ist der unheimliche Anblick Symbol der stummen Alarmzeichen, welche die Titelfiguren höflich ignorieren.

Pechschwarze Parodie und Psycho-Horror verschmelzen zu einer ebenso amüsanten wie abgründigen Sektion zwanghaften Konformismus und manipulativer Mikroaggressionen. Zwar driftet der parabolische Plot trotz des fähigen Casts stellenweise in psychologische Unglaubwürdigkeit, doch gerade die drastischsten Momente offenbaren die überaus reale Paranoia des begüterten Bürgertums vor allem „Fremden“, ob aus einer anderen sozialen Schicht oder dem Nachbarland.

Regie: Christian Tafdrup, Drehbuch: Christian Tafdrup, Mads Tafdrup, Darsteller: Morten Burian, Sidsel Siem Koch, Fedja van Huêt, Karina Smulders, Liva Forsberg, Marius Damslev, Filmlänge: 97 Minuten, Kinostart: 28.11.2023

Speak No Evil




Entdecke mehr von pressplay

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen