Erinnerungen an Marnie
Erinnerungen an Marnie, Studio Ghiblis derzeitig letzter Film, ist eine traurige Reise durch die Zeit, gespickt mit melancholischen Erinnerungen.
Die 12-jährige Anna umgibt ein trauriger Schatten. Für die Außenwelt scheint sie hauptsächlich ihr Asthma zu belasten, woraufhin sich ihre Pflegemutter entscheidet Anna zu ihrer Tante aufs Land zu schicken. Doch für die Zuseher wird schnell klar, dass das Mädchen mehr unter ihren seelischen Wunden leidet. Ihre eigentliche Mutter ist bereits gestorben. Nichts desto trotz nehmen ihre Stief-Verwandten sie herzlich auf, und geben Anna die Freiheit sich durch das Dorf am Meer zu begeben und ihrem Hobby, dem Zeichnen, nachzugehen. Auf einer ihrer Erkundungstouren findet Anna eine verlassene Villa. In den darauffolgenden Nächten träumt das junge Mädchen von der Familie, die in dem Anwesen gelebt hat und begibt sich immer öfter in die Nähe des Hauses. Zu ihrer Verwunderung wird sie eines Nachts von der gleichaltrigen Marnie empfangen. Das blonde Mädchen erklärt Anna, dass sie schon seit einiger Zeit auf sie warte. Zwischen ihnen entwickelt sich eine innige Freundschaft, die die Hürde von Raum und Zeit zu überwinden scheint.
Die langsame Erzählweise des Films passt zu dem Gefühl, das einem die Geschichte vermitteln will. Von Beginn an umgibt den Zuseher eine Schwere, die von Annas Charakter ausgeht. Die Moor-Landschaft sowie die Symbolik von Ebbe und Flut sind Metaphern für den Weg, den die Protagonistin bestreitet. Generell arbeitet Erinnerungen an Marnie viel mit seiner Bildsprache, die über die Jahre hinweg eine der größten Stärken des Studios ist. Leider fällt es schwer mit den Hauptcharakteren eine starke Verbindung aufzubauen. Wie zu ihrer Außenwelt ist Anna auch zu dem Publikum einen Großteil des Films über distanziert. Marnie ist charakterlich das genaue Gegenteil, doch wie wir im Laufe des Films erfahren, ist auch ihr fröhliches Gemüt nicht immer echt.
Ohne zu viel über den Twist verraten zu möchten, der sich schon sehr früh anbahnt, bleibt es fragwürdig, warum wir so bewusst und absichtlich in eine falsche Richtung gelenkt werden. Mehrmals wird zwischen Marnie und Anna eine romantische Beziehung angedeutet, die sich dann als etwas komplett anderes herausstellt. Ein subtilerer Umgang mit der Beziehung der zwei Mädchen hätte der Handlung nicht geschadet und den Twist dadurch nicht offensichtlicher gemacht. Dieser wird dem Publikum zwar früh bewusst, jedoch ist die tatsächliche Auflösung so überraschend, dass man hier durchaus die eine oder andere Träne verdrücken muss.
Erinnerungen an Marnie wird alle die schon mal eine depressive Phase durchgemacht haben, durch seine sensible Herangehensweise in seinen Bann ziehen. Über 103 Minuten bekommt man hier nicht das beste von Studio Ghibli, aber bestimmt alles was man sich von seinen Arbeiten erwarten darf. Malerische Bilder, eine ungewöhnliche Geschichte und echte Gefühle.
Regie: James Simone, Hiromasa Yonebayashi, Drehbuch: Keiko Niwa, Masashi Ando, Hiromasa Yonebayashi, basierend auf dem Roman von Joan G. Robinson, Stimmen (Original): Sara Takatsuki, Kasumi Arimura, Nanako Matsushima, Susumu Terajima, Toshie Negishi, Filmlänge: 103 Minuten, DVD/Blu-Ray Release: 11.03.2016