Doctor Sleeps Erwachen
Schlimmer als der unsinnige deutschsprachige Titel ist Mike Flanagans Versuch, Kubrick und King zu versöhnen, indem er Ersten imitiert und Zweiten hofiert.
Seine an farcenhafte The Shining-Reinactments angepasste Adaption der 2013 erschienenen Fortsetzung gerät zur Kakophonie voll verkappter Bigotterie und reaktionärer Klischees. Horror, Atmosphäre und psychologische Spannung verdrängt eine abstruse Läuterungsmär. Die entkommt weder dem Schatten des King bekanntlich verhassten Meisterwerks, noch den überholten Tropen einer Buchvorlage, ähnlich überflüssig wie die möchtegern-kongeniale Verfilmung.
Der Regisseur und Drehbuchautor quält sich durch überlange und überflüssige Szenen, bis Dan Torrance’ (Ewan McGregor) titelgebender Spitzname unfreiwillige Ironie wird. McGregors lethargische Darstellung wirkt selbst dann einschläfernd, wenn er mit Axt in der Hand in Jack Nicholsons Fußstapfen durchs Overlook Hotel hinkt. Dorthin führt ein langer Weg mit AA-Treffen, Autofahrten und Abra (Kyliegh Curran). Die mit Super-Shining bewehrte 13-Jährige ist wie alle Kings magical negros lediglich Katalysator der Story des männlichen weißen Helden.
Er rettet sie vor einer von der sexuell gefährlich ambivalenten Rose the Hat (Rebecca Ferguson) angeführten Clique vampiristischer Späthippies, die das Duo mit dem Sadismus moralischer Überlegenheit dezimiert. Multikulturelle, gender-paritäre, alternative Gegenkultur ist das ultimative Feindbild eines Szenarios, das Mitleid für Pädophile heischt und deren avisiertes Opfer (Emily Alyn Lind) dämonisiert. Der Subtext von Erlösung und Triumph weißen normkonformen männlichen Konservativismus ergänzt ironischerweise perfekt die Story: Die ist ebenbürtig scheinheilig, wirr und hoffnungslos obsolet.
Regie und Drehbuch: Mike Flanagan, basierend auf dem Roman von Stephen King, Darsteller: Ewan McGregor, Rebecca Ferguson, Kyliegh Curran, Cliff Curtis, Zahn McClarnon, Emily Alyn Lind, Selena Anduze, Filmlänge: 152 Minuten, Kinostart: 22.11.2019