Der Marsianer – Rettet Mark Watney
In Der Marsianer – Rettet Mark Watney lässt Ridley Scott seinen Hauptdarsteller Matt Damon am Mars stranden. Eine moderne Robinson Crusoe-Geschichte mit Star-Besetzung, vorhersehbar, aber durchwegs unterhaltsam.
Mark Watney (Matt Damon) ist als Botaniker mit seinen Kollegen (u.a. Jessica Chastain, Michael Peña) im Zuge der Ares III-Mission am Mars unterwegs. Ein gewaltiger Sandsturm zwingt die Crew zum vorzeitigen Abbruch und Rückflug zur Erde. Dabei kommt es zum Unglück und Watney wird von den anderen getrennt und fälschlicherweise für tot gehalten. Während also seine Freunde sich von dem roten Planeten katapultieren und wieder auf dem Heimweg sind, muss zuerst Watney und im weiteren Verlauf auch die gesamte Welt mit Schrecken feststellen, dass er alleine auf dem roten Planeten gestrandet ist. Nun heißt es für ihn auf einem fremden, unbewohnbaren Planeten so lange zu überleben, bis die nächste Crew, die Ares IV, in vier Jahren ankommt. Eine nahezu unmögliche Aufgabe, die sich dem hartnäckigen und fest entschlossenen Botaniker da stellt. Doch auch auf der Erde ist die NASA (u.a. Jeff Daniels, Kristen Wiig, Chiwetel Ejiofor) nicht untätig als sie auf Satellitenbildern erkennen, dass Watney noch am Leben ist.
Ridley Scott gelingt eine werkgetreue Umsetzung von Andy Weirs gleichnamigen, spannungsgeladenen und humorvollen Debütroman, der schon in schriftlicher Form stark filmische Komponenten aufweist. Will heißen, dass es sich dabei um ein Buch handelt, das in seinem literarischen Stil und dramaturgischen Aufbau geradezu nach einer Verfilmung verlangt, da es Weir gelingt überaus lebhafte Figuren und ergreifende Emotionen zu erzeugen, die dazugehörigen Bilder erwecken sich quasi selbst zum Leben im Kopf des Lesers. Von daher mussten weder Drehbuchautor Drew Goddard (der, so scheint es, den Roman einfach in die Form eines Drehbuchs adaptierte und alles, was für den Film gestrichen werden konnte, einfach ausließ) noch Regisseur Ridley Scott (der im Grunde nur die dazugehörigen Bilder kreieren und die passenden Schauspieler leiten musste) kaum nennenswerte eigene Ideen einbringen. Im Gegensatz zu Scotts Blade Runner, der sich ja meilenweit von der Philip K. Dick Vorlage entfernt, tat der Regisseur gut daran, sich im Falle von Der Marsianer – Rettet Mark Watney, streng an die Vorlage zu halten.
Scott musste in letzter Zeit einiges an negativer Kritik für seine jüngsten Filme einstecken (Exodus, The Counselor oder auch der hinter den Erwartungen zurückbleibende Prometheus), was dazu geführt hat, dem Publikum einmal mehr zu zeigen, dass Ridley Scott zwar ein visuell beeindruckender Filmemacher mit einem untrüglichen Gespür für Optik und Szenerien ist, aber gravierende Schwächen aufweist, wenn es um so (zumindest aus dramaturgischer Perspektive betrachtet) essentielle Dinge wie Figurenentwicklung und Handlungsgerüst geht. Ein Umstand, der seinem neuen Film, der doch stark auf einen isolierten Protagonisten beschränkt ist – wenngleich nicht so extrem wie in manch anderen Filmen jüngster Vergangenheit – das sprichwörtliche Genick hätte brechen können. Gerade in einer Geschichte wie Der Marsianer – Rettet Mark Watney ist es überaus wichtig, dass man für den Helden Empathie empfindet und er kein klischeebeladenes, uninteressantes Abziehbild eines Gestrandeten darstellt, zu dem man als Zuschauer keinerlei emotionale Bindung aufbauen kann. Der Held und seine Reise und die gelungene Umsetzung davon ist Dreh- und Angelpunkt dieser Geschichte. Gut also, dass Scott weitgehend die Finger von dramaturgischen Änderungen im Handlungsverlauf und vor allem in Bezug auf die Figurenzeichnung gelassen hat und sich da strikt an den Roman hält, der in dieser Hinsicht bereits alles liefert, was notwendig ist.
Dadurch kann sich Scott auf das konzentrieren, was er wirklich kann, nämlich die visuelle Gestaltung. Auch wenn Der Marsianer – Rettet Mark Watney in dieser Hinsicht keine neuen Maßstäbe setzt, so ist der Film stets auf das wesentliche fokussiert und Scotts Regie, die zwar durchaus für einige sehenswerte Momente sorgt, befindet sich doch fortwährend im Dienst der Handlung ohne zu viel Aufmerksamkeit auf sich selbst zu lenken. Eine Zurückhaltung, die man von ihm letztens eher selten gesehen hat. Dies führt wiederum dazu, dass die Schauspieler in Der Marsianer – Rettet Mark Watney ebenfalls besser zur Geltung kommen, ein Umstand, der ja auch auf die Regie zurückzuführen ist. Allen voran natürlich Matt Damon als Protagonist und gestrandeter Astronaut. Nicht nur, dass er den leicht ironisch-zynischen Humor bis in die kleinsten Nuancen perfekt trifft, auch die emotionaleren Ausbrüche gehen ihm scheinbar spielerisch von der Hand. Damon zeigt überhaupt eine weite Bandbreite, wo gerade subtilere Gestik und Mimik besonders hervor sticht, wenn er nur mit einem Blick oder einer leichten Gefühlsregung seines Gesichts einen soeben erlebten Rückschlag seines verzweifelten Überlebenskampfes darstellt, zeigt sich eindrucksvoll, was für ein facettenreicher Schauspieler Matt Damon ist.
Auch die restliche Besetzung trifft die gespielten Figuren auf den Punkt. Sei es nun Jeff Daniels als Leiter des Ares-Raumfahrtsprogramms, der nicht nur das Leben von Mark Watney in Betracht ziehen muss, sondern auch die Möglichkeit zukünftiger Marsmissionen bedenken muss. Oder Chiwetel Ejiofor als Vincent Kapoor, der alles daransetzt um eine Lösung zu finden Watney lebend auf die Erde zu bringen. Ganz zu schweigen natürlich von der Crew der Ares III. Jessica Chastain glänzt in einer Nebenrolle, die ihr mehr emotionalen Tiefgang abverlangt als ihre weitaus größere Rolle in Interstellar. Überhaupt kann man Der Marsianer – Rettet Mark Watney im Grunde als durchwegs gelungenes, amüsantes Unterhaltungskino bezeichnen. Ein Film der (fast) von Anfang bis Ende fesselt, Spaß macht und sich nicht krampfhaft bemüht mehr und vor allem intellektueller zu sein, als er in Wahrheit ist (ja, auch das ist eine Anspielung auf Interstellar).
Hier zeigt sich aber auch die Schwachstelle von Der Marsianer – Rettet Mark Watney. Er ist eben nicht mehr als ein Unterhaltungsfilm. Tiefergehende Fragen, wie zum Beispiel was ist ein Menschenleben Wert, werden nur am Rande gestreift und finden kaum Eingang in den Film. Selbst das niederdrückende Gefühl einer derartigen Isolation des Protagonisten kommt nur selten in seinen ganzen Ausmaßen zum tragen und wird eher mit einem Augenzwinkern des humorvollen Mark Watney abgetan. Natürlich muss nicht immer alles tief dramatische und schwer verdauliche Kost sein, dennoch verschenkt sich der Film damit eine zusätzliche Dimension, die er durchaus vertragen hätte. So bleibt Der Marsianer – Rettet Mark Watney zwar ein gelungener, unterhaltsamer Film, der trotz der recht oberflächlichen Abhandlung seiner Geschichte die Intelligenz des Zuschauers niemals beleidigt, aber gleichzeitig auch nichts bietet, wodurch man ihn in Erinnerung behält.
Regie: Ridley Scott, Drehbuch: Drew Goddard, Darsteller: Matt Damon, Jessica Chastain, Kristen Wiig, Jeff Daniels, Michael Peña, Sean Bean, Kate Mara, Filmlänge: 141 Minuten, Kinostart: 09.10.2015, www.foxfilm.at/the-martian