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American Hustle

8
Drama

Es beginnt alles mit einem Toupet. Und es ist nachvollziehbar, dass manchem Zuschauer erst im letzten Drittel von American Hustle klar wird, dass sich hinter Irving Rosenfeld, der sich da in geschmackloser 70er Montur minutiös Haarteile an sein kahles Oberhaupt klebt, Christian Bale verbirgt.

Rosenfeld ist ein sogenannter „conman“. Ein eigentlich sympathischer Kerl, mit gutem sozialem Gespür, der weiß, wie man den kleinen Mann um den Finger wickelt. Seine Fähigkeiten setzt er ein, um krumme Dinger zu drehen: Kunstfälscherei und Geldbetrügerein sind sein Metier. Als er die zurückhaltende und intelligente Sydney Prosser (Amy Adams) kennenlernt, haben beide noch nicht viel von der Schokoladenseite des Lebens gehabt – doch als sie aufeinander treffen, zündet der Funke und plötzlich scheint alles möglich. Adams nützt die Gelegenheit, sich selbst neu zu erfinden und wirkt als Edith Greensly mit englischem Adelsblut und passendem britischen Akzent als Rosenfelds partner in crime.

Auf charmante Art und im ‚kleinen‘ Rahmen wird Coup nach Coup abgezogen bis plötzlich Richie diMaso (Bradley Cooper) dem Spiel ein Ende bereitet. Der nicht ganz dichte FBI Agent mit Minilöckchen möchte endlich beweisen, was in ihm steckt. So wird ein Plan geschmiedet: der zwischen cholerisch und weinerlich changierende diMaso verpflichtet Rosenfeld und Prosser/Greensly, die im Gegenzug mildernde Umstände zu erwarten haben, ihm bei vier Aufdeckaktionen zu helfen – und er will die großen Fische erwischen: korrumpierte Politiker und Senatoren stehen auf seiner Agenda. Um das durchzuziehen werden sämtliche Register gezogen: so wird ein unechter arabischer Scheich engagiert (eigentlich aus New Mexico); Rosenfeld befindet sich im Dilemma zwischen echter und gespielter Freundschaft zum Sozialpolitiker Mayor Carmine Polito (Jeremy Renner); die Beziehung von Irving und Sydney wird auf allen Ebenen strapaziert: denn da gibt es auch noch die im Hintergrund manisch agierende Ehefrau Irvings. Rosalyn Rosenfeld, grandios von Jennifer Lawrence verkörpert, spielt ihr eigenes Spiel – hemmungslos und ohne klaren Sinn und Ziel, aber immer überzeugend. Neben ihren stampfenden Auftritten und rhetorischen Knockouts wirkt Amy Adams schon mal wie das kleine Mädchen im Hintergrund. Und dann kommt es auch noch zu Annäherungen zwischen diMaso und Prosser/Greensly.

 

David O. Russel, der mit Silver Linings den Durchbruch schaffte (ein Film, dessen Hype manche verständnislos zurückgelassen hat) findet in der Gangsterkomödie American Hustle zu einem Genre, in dem sein Witz und Stil um ein Vielfaches besser funktionieren, als in einem quirky-Indie-Beziehungsfilm. Die Musikauswahl ist fabelhaft – es leben die Siebziger! – man tanzt zu Donna Summer und ewig andauernde Synth-Loops. Auch der Plot ist schön durchdacht und bringt gute Pointen hervor und: die Spannung als Robert De Niro als Mob-Boss plötzlich den engagierten Scheich auf Arabisch anspricht oder die gequälte Komik, immer an der Grenze zum Mobbing, wenn diMaso wieder einmal die Autorität seines humorlosen Vorgesetzten Thorsen (der amerikanische Komiker Louis C.K.) untergräbt, bleiben im Gedächtnis.

Hehlerei und Betrügerei fungieren hier nicht nur als Selbstzweck und Entertainment, sondern bringen eine spannende psychologische Ebene mit ein. Denn am Schönsten ist der Film, wenn alle Beteiligten inklusive den Zusehenden nicht mehr wissen, was für ein Spiel hier eigentlich gespielt wird. „No more fake shit“ schwören sich Cooper und Adams in einer Szene. Aber bis man weiß, wer hier mit welchen Karten spielt wird es noch dauern.

Spannend wird auch die Oscarverleihung. American Hustle ist der einzige Film dieses Jahr, der für die Big Five nominiert ist.

Regie: David O. Russell, Drehbuch: Eric Warren Singer, David O. Russell, Darsteller: Christian Bale, Amy Adams, Bradley Cooper, Jennifer Lawrence, Jeremy Renner, Louis C.K., Laufzeit: 138 Minuten, Kinostart: 14.02.2014, www.americanhustle.de