Liebe in Zeiten des Krieges
„Liebe in Zeiten des Krieges“ – Was nach Schnulze klingt, setzt Angelina Jolie in ihrem Regiedebüt relativ unsentimental um. Ohne Emotionen geht der Kinostart dennoch nicht über die Bühne. „Angie, zieh Leine“ forderte eine serbische Boulevardzeitung gar auf dem Titelblatt und untermauert damit unfreiwillig Jolies These, dass der Jugoslawienkrieg noch lange nicht aufgearbeitet ist…
„Liebe in Zeiten des Krieges“ handelt von einem jugoslawischen Liebespaar, der Muslimin Ajla (Zana Marjanovic) und dem bosnischen Serben Danijel (Goran Kostic). Als der Krieg ausbricht, wird Ajla als Muslimin zum Feindbild der Serben, für dessen Armee auch Danijel, als Sohn des angesehenen Generals Vukojevic (Rade Serbedzija) kämpft. Sie wird in ein Vergewaltigungs-Lager verschleppt und trifft dort auf Danijel, der nun auf der anderen Seite, zwischen dem Wunsch Ajla zu beschützen und seiner Kriegspflicht steht.
Jolie, von der ebenfalls Drehbuch und Produktion stammen, geht es in dem Film um die Darstellung von Unmenschlichkeit und Leid angesichts des Krieges. In ihrer Inszenierung reihen sich die Schrecken sowohl bildlich, als auch emotional kaltblütig aneinander. Jolie zeigt Gräueltaten wie Vergewaltigungen, Hinrichtungen oder Kindesmord und rückt vor allem die Perspektive von Frauen immer wieder in den Vordergrund. Dennoch berührt der Film nur in wenigen Momenten. Nicht, weil Jolie eine Schwarz-Weiß-Sicht auf den Krieg wirft, wie ihr vorgeworfen wird, sondern weil ihre Arbeit schablonenhaft und künstlich, eben offensichtlich inszeniert wirkt und vieles dadurch an Wirkung verliert.
Die Schauspieler, die sie beinahe zur Gänze aus den entsprechenden Nationalitäten besetzt, vermögen diesen Mangel nicht auszugleichen. Zana Marjanovic gelingt es nicht, die Tragödie, in der sich die Figur der Ajla wiederfindet, zum Ausdruck zu bringen. Sie bleibt undurchdringlich und unverständlich. Verantwortlich dafür sind ebenso das Drehbuch und die Art und Weise, wie Jolie Marjanovic inszeniert. Die Regisseurin fokussiert ihre Schönheit und setzt die Schauspielerin gerne sprachlos und als nackten Körper in Szene. Diese Freizügigkeit bei gleichzeitiger Oberflächlichkeit wirkt deplatziert, nimmt der beklemmenden Situation, in der sich Ajla befindet, die Ernsthaftigkeit und erzeugt stattdessen voyeuristisches Unbehagen. Nur Goran Kostics Danijel lässt ab und zu eine Ahnung von der Zerrissenheit seines Charakters aufkommen. Dass der Beziehung zwischen Ajla und Danijel Liebe zugrundeliegt, ist hingegen kaum spürbar.
Das Thema ist politisch. Und so ist auch Angelina Jolies Mission. Mit ihrem Film will sie auf die Verantwortung der internationalen Gemeinschaft aufmerksam machen und einen Beitrag zum Kampf gegen Krieg und Völkermord leisten. Der Film ist eine Stellungnahme für die Opfer. Das mag eindimensional und für die Zuschauer unangenehm sein. Mit Blick auf die Regisseurin ist es aber mutig, auch wenn die Umsetzung weit hinter dem Engagement zurückbleibt. Dafür wurde Jolie bei der Cinema-for-Peace-Gala mit dem Ehrenpreis ausgezeichnet. „Berühmtheit“, sagte Bob Geldof in der Ansprache, „ist eine Währung, die man nutzen kann wie Geld.“ Und genau das hat Angelina Jolie gemacht. Das ist bemerkenswert. Nur ein guter Film ist sich dabei nicht ausgegangen.
Liebe in Zeiten des Krieges (In the Land of Blood and Honey): Regie: Angelina Jolie, Drehbuch: Angelina Jolie, Darsteller: Rade Serbedzija, Zana Marjanovic, Goran Kostic, Nikola Djuricko, Länge: 127 Minuten, Kinostart: 23.2.2012