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Duke Nukem Forever

4
Shooter

Hail to the King, Baby – the Duke is back! Was für die Musikindustrie das Guns’n’Roses Album „Chinese Democracy“ war, hatte in der Fortsetzung vom 1996 erschienen Duke Nukem 3D sein geistiges Äquivalent im Bereich Videospiele. Nun hat das Entwicklerstudio Gearbox Software das scheinbar für mehr als ein Jahrzehnt Unmögliche und zugleich die undankbarste Aufgabe in der jüngeren Videospielgeschichte verwirklicht: Duke Nukem Forever ist fertiggestellt und veröffentlicht.

Die größte und vielleicht einzige Frage, die sich jeder nur halbwegs an der Materie Interessierte stellen sollte, ist natürlich: Was soll man sich von DIESEM Spiel erwarten (der legendäre Kritiker Ben Croshaw hat es hier veranschaulicht)? In den letzten Jahren hat sich Angebot und Nachfrage im First-Person-Shooter Genre naturgemäß (oder vielmehr technik-bedingt) so stark verändert, das ein Projekt aus der Mitte der 90er Jahre nur hoffnungslos veraltet erscheinen kann. Praktischerweise ist der Duke selbst schon die Verkörperung, die Selbstpersiflage einer ganzen Ära: frauenverachtend, testosterongeladen, gewaltverherrlichend und geschmacklos. Eine Reminiszenz sinnentleerter 80er-Jahre Actionfilmhelden wie Schwarzenegger, Stallone, Norris und Dudikoff, vermengt mit dem dramaturgischen Tiefgang einer Wrestling-Veranstaltung und diverser popkultureller Kreuzverweise (sogar die Catch-Phrase „Hail to the King, Baby“ stammt eigentlich von Sam Raimis Film-Klassiker Army of Darkness) – nicht mehr und nicht weniger macht(e) den Charme der Figur aus.

Was also macht Duke Nukem Forever zu einem Spiel, das man erlebt haben muss, das seinem zweifelhaften Ruf entgegen tritt? Zunächst natürlich fortschrittliche Technik im Sinne von Grafik und Gameplay, oder zumindest Vergleichbares zu Genre-Vertretern wie Call of Duty, Halo oder dergleichen. Weiters sollte das Ganze mit Herausragendem versehen sein, für Publicity und Marketing wurde ja zu Genüge gesorgt. Auch wenn das eigene Interesse an dem Relikt Duke Nukem verschwindend gering sein mag, so könnte man zumindest angesichts der Ausgangslage – bekannter Protagonist, vordefiniertes Genre, gestalterische Narrenfreiheit in Sachen Gameplay – optimistisch gestimmt sein bis zu dem Punkt, an dem die Neugier die Gleichgültigkeit übertrifft.

Doch nach einem überraschend gut gelungenen Einstieg machen sich bereits erste eklatante Schwächen im Konzept von Duke Nukem Forever bemerkbar. Ladezeiten aus der Hölle (+50 Sekunden, systemabhängig), schlauchförmiges 08/15 Leveldesign (gehe von A nach B), einfallslose Alien-Invasions Story, kaum Sorgfalt bei Details (der Duke ist etwa vor einem Spiegel halsabwärts paralysiert ersichtlich), Geschmacklosigkeiten mit fehlender Ironie (haha, Fäkalien herumschmeißen, Nagetiere in der Mikrowelle kochen) und der Verzicht auf einige „traditionelle“ Fähigkeiten (nämlich Stripperinnen Geld zu geben) sind nur einige Impressionen, die den Verzicht auf das Spielerlebnis leicht machen. Auch die Tatsache, dass die vielleicht unnötigsten und schlechtesten Errungenschaften – begrenzte Waffenauswahl und automatische Energie-Regeneration – neuerer, „realistischer“ Ego-Shooter vorbehaltlos integriert wurden, zeugt von fehlendem Weitblick bei den Entwicklern.

Man sollte aber auch nicht zu hart mit diesen ins Gericht gehen, denn immerhin haben sie geschafft, was die eigentlichen Schöpfer von Duke Nukem, das mittlerweile inexistente 3-D-Realms, nicht zustande gebracht haben. So wie Sylvester Stallone aber vergleichsweise auf einer (unangebrachten) Welle von Nostalgie seine verblasste Filmkarriere mit Fortsetzungen seiner größten Kassenschlager wieder ankurbelte, so hat auch (zumindest rein von den Verkaufszahlen ausgehend) das Comeback des Dukes erneut bewiesen, das neu aufgelegtes Altbewährtes trotz offenbarer Mängel immer noch gut ankommt. Naja.

Plattform: PS3 (Version getestet), Xbox 360, PC, Altersfreigabe (PEGI): 18, Spieler: 1, 2-8 online, Erscheinungsdatum: 10.06.2011