Babylon – Rausch der Ekstase (c) 2022 Paramount Pictures(6)

Babylon – Rausch der Ekstase

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Komödie

Lange bevor nach dreißig Minuten der über drei Stunden Laufzeit der theatralische Titel Babylon erscheint, liefert der Prolog die perfekte Analogie Damien Chazelles heuchlerischer Hagiographie der angeblichen anarchischen Ausschweifungen der US-Stummfilm-Ära: ein Elefant, den der hispanische Handlanger Manny Torres (Diego Calva) zur pompösen Party eines Filmmoguls bringen soll, scheißt in Großaufnahme in die Kamera.

Immer, wenn man denkt, jetzt hat es sich ausgeschissen, fliegt das nächste Riesenstück Kacke auf die Linse. Am Ende der mondänen Materialschlacht voll egozentrischer Erotomanie fühlt man sich wie der zum Produzenten prädestinierte Protagonist: voll beschissen, weil ein Typ vom Film genug Einfluss und Vermögen hat, jeden Spleen auszuleben.

Mit dem sexistischen Sensationalismus von jemandem, der Kenneth Angers Hollywood Babylon als einzige Quelle heranzieht, suggeriert der Regisseur und Drehbuchautor, dass die US-Filmbranche Rassismus, Sexismus, Klassismus und Homophobie nicht kannte, solange alle andauernd Sex hatten. Machtmissbrauch, Ausbeutung und Abhängigkeit verklärt das vulgäre Varieté zu ein bisschen frivolem Spaß.

 

Den meisten davon haben die historischen Opfer wie Clara-Bow-Karikatur Nellie LaRoy (Margot Robbie sieht mehr nach 80ern aus als nach 20ern), um Verstand und Vermögen bringt. Als laszives Lustobjekt ist das aufsteigende Sternchen so hysterisch und hohl wie sämtliche Frauenfiguren dieser Fake-Filmhistorie. Die erlaubt Würde nur Männern wie Brad Pitt’s John-Gilbert-Verschnitt Jack Conrad.

Dessen verblassender Ruhm beschäftigt den pathetischen Plot mehr als Jazz-Trompeter Sidney Palmers (Jovan Adepo) Kampf mit aufkeimendem Rassismus. Letzter erscheint wie jegliche Diskriminierung Nebenprodukt des Tonfilms. Der zwingt Filmschaffende, nicht nur mucksmäuschenstill zu sein, sondern sauber und sittsam. Kein Wort über den Hayes Code und die Legion of Decency in der opulenten Obituarien-Orgie, die ihren visuellen Voyeurismus legitimiert, indem sie notgeilen Narzissmus mit Toleranz gleichsetzt.

Spekulativer Sex und Ekel-Exzessen (außer Scheiße regnen auch Kotze und Sperma) prägen die schematische Story vereitelten Liebe der aspirierenden Stars Manny und Nellie, die im Grunde nicht mehr ist als die Swinger-Club-Version von La la Land.

Regie und Drehbuch: Damien Chazelle, Darsteller: Brad Pitt, Margot Robbie, Jean Smart, Olivia Wilde, J.C. Currais, Diego Calva, Jimmy Ortega, Flea, Filmlänge: 188 Minuten, Kinostart: 19.01.2023

Babylon - Rausch der Ekstase




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