Genius – Die tausend Seiten einer Freundschaft
Jeder Autor weiß, wie wichtig ein guter Lektor ist. Genius erzählt von der Beziehung zwischen Thomas Wolfe und Max Perkins.
Max Perkins (Colin Firth) ist Lektor bei Scribner und hat unter anderem solch große Autoren wie Ernest Hemingway (Dominic West) und F. Scott Fitzgerald (Guy Pearce) veröffentlicht. Eines Tages in den 20er Jahren bekommt er ein wüstes, poetisches, episches Manuskript auf seinen Tisch geliefert, verfasst von einem gewissen Thomas Wolfe (Jude Law). Mit seiner Sprachgewalt und dem Gefühl einer unbändigen Lebenslust packt das Manuskript den Verleger so sehr, dass er sich gewillt sieht, es zu veröffentlichen. Schau heimwärts, Engel! schlägt ein wie eine Bombe und macht aus Thomas Wolfe den neuen, aufstrebenden Star der Literatur. Sein folgendes Werk, Von Zeit und Strom, wird für Perkins sogar eine noch größere Herausforderung. Doch mit dem Erfolg kommen auch die Probleme und zwischen Perkins und Wolfe kommt es zunehmend zu Konflikten.
Genius ist in erster Linie eine Huldigung an die Literatur im allgemeinen und an Thomas Wolfe im besonderen. Jung verstorben und eher schwer zugängliche Werke schreibend, wird Wolfe heutzutage vermutlich weniger häufig rezipiert als seine damaligen Zeitgenossen und Verlagskollegen Hemingway und Fitzgerald, aber seine Arbeit strotzt nur so vor Ambition und einem mitreißendem Lebensgefühl. Aber auch die Bedeutung des Lektors kommt nicht zu kurz, denn gerade die war im Falle von Wolfe ein nicht unerheblicher Aspekt und in weiterer Folge auch ein Streitfall – für Wolfe selbst, aber auch für die spätere Literaturkritik und Rezeption seines Werkes.
Filmisch gibt es bei Genius leider wenig aufregendes. Das Drehbuch erzählt seine Geschichte geradlinig, ohne sonderliche Originalität. Die Regie taucht die Bilder in eine, für die 20er Jahre, passende Farbpalette, aber das war’s dann auch schon. Es sind vorwiegend die Schauspieler, die Genius trotz filmischer Schwächen sehenswert machen. Allen voran sind es Jude Law als Thomas Wolfe und Nicole Kidman als seine resolute Geliebte und Muse Aline Bernstein, die ihre Figuren mit vollster Hingabe verkörpern. Wer sich für Literatur, Thomas Wolfe oder Max Perkins interessiert, der wird mit Genius eine unterhaltsame Zeit verbringen und den Film genießen. Denn eines macht Genius wirklich gut – und das wirkt besonders auf Autoren, die sich den Film anschauen -, er vermittelt einem die große Liebe, die Wolfe für den Roman und das geschriebene Wort empfunden hat so eindringlich, dass man sich am liebsten gleich selbst an die Arbeit macht sein eigenes Meisterwerk zu verfassen. Wenn es doch nur so einfach wäre.
Regie: Michael Grandage, Drehbuch: John Logan, basierend auf dem Roman von A. Scott Berg, Darsteller: Colin Firth, Jude Law, Nicole Kidman, Laura Linney, Guy Pearce, Dominic West, Filmlänge: 104 Minuten, DVD/Blu-Ray Release: 06.01.2017