Pat Garrett jagt Billy the Kid
Pat Garrett jagt Billy the Kid ist der letzte richtige Spätwestern von Sam Peckinpah und erzählt von zwei ehemaligen Freunden, die nun tödliche Kontrahenten sind.
Pat Garrett (James Coburn) steht kurz davor in Lincoln County zum Sheriff ernannt zu werden. Deshalb besucht er seinen Freund Billy the Kid (Kris Kristofferson), der sich mit seinen Kumpanen ganz in der Nähe in Fort Sumner eingenistet hat. Der Gesetzlose macht den Rinderbaronen und Geschäftsleuten mit seinen Überfällen seit längerem das Leben schwer. Garrett rät ihm deshalb die Gegend rasch zu verlassen, denn wenn er zum Sheriff ernannt wird, bleibt ihm nichts anderes übrig als Billy und seine Bande zu jagen. Aber Billy the Kid lässt sich keine Vorschriften machen, auch nicht von Freunden. Nachdem Garrett ihn verhaftet, doch Billy aus dem Gefängnis entkommt und dabei zwei Hilfssheriffs tötet, macht sich Garrett auf die Jagd nach seinem einstigen Freund. Nach Verlusten auf beiden Seiten, schließt sich der Kreis in Fort Sumner wieder und Pat Garrett und Billy the Kid stehen sich zum letzten Duell gegenüber.
Während es in The Wild Bunch und Abgerechnet wird zum Schluss zumindest so etwas wie Antihelden gab, sucht man in Pat Garrett jagt Billy the Kid vergeblich nach solchen Figuren. Hier gibt es keine Helden, kein Gut und Böse, jede einzelne Figur ist sowohl mit erlösenden, als auch verwerflichen Eigenschaften ausgestattet. Dies macht es schwierig Empathie für die Protagonisten zu entwickeln, wodurch der Film verfremdet und distanziert. Peckinpah zeichnet sowohl Pat Garrett als auch Billy the Kid (und so gut wie jede Nebenfigur) als in ihrem Schicksal und in ihren Charakterzügen gefangene Figuren, die zu festgefahren und abgestumpft sind, um ihre Probleme mit etwas anderem als Gewalt zu lösen. Es gibt keine höhere Moral, kein Recht und Unrecht, es gibt nur das Gesetz des Stärkeren und wer den schnelleren Colt hat, wer am wenigsten Skrupel hat zu töten. Pat Garrett jagt Billy the Kid ist ein durch und durch nihilistischer Film und besitzt sowohl inhaltlich als auch stilistisch alle bekannten und beliebten Merkmale von Sam Peckinpah.
Das Drehbuch von Rudolph Wurlitzer (dessen Westernroman Zebulon übrigens sehr empfehlenswert ist) ist ein elegisches, fast schon poetisches Werk, auch wenn manche Stellen nicht so richtig zusammenpassen wollen. Was dem Film am meisten fehlt, und das liegt wohl an der Verfremdung und Distanzierung zu den Figuren, ist ein emotionales Zentrum. Das Geschehen und die Protagonisten lassen einem erstaunlich kalt und man fühlt sich zu wenig involviert. Eine unheilvolle Stimmung, die einem in jeder Sekunde klar macht, dass es auf ein unausweichliches, tragisches Ende zusteuert, und Peckinpahs gekonnte Inszenierung, die wie so oft ein herrlich pessimistisches Bild der Menschheit zeichnet, machen aus Pat Garrett jagt Billy the Kid trotz (oder vielleicht gerade wegen) seiner Ecken und Kanten einen starken und absolut sehenswerten Spätwestern. Es ist zwar nicht sein bester Genre-Beitrag, aber dafür wird Peckinpah mit seinem nächsten Film einen der stärksten und besten seiner ganzen Karriere machen.
Regie: Sam Peckinpah, Drehbuch: Rudy Wurlitzer, Darsteller: James Coburn, Kris Kristofferson, Richard Jaeckel, Jason Robards, Bob Dylan, Filmlänge: 115 Minuten, DVD/Blu-Ray Release: 24.02.2006