Pokémon Meisterdetektiv Pikachu
Seit 1996 flimmern die kleinen „Pocket Monster“ (Pokémon) über die grellen Bildschirme der Gameboys und Spielekonsolen, 1997 tauchte außerdem die gleichnamige Anime-Serie im asiatischen Fernsehprogramm auf. Über 20 Jahre nach der Geburt des Franchises schafft es nun der erste Live-Action Film auf die Leinwand der heimischen Kinos.
Der junge Erwachsene Tim Goodman (Justice Smith) ist einer der wenigen Menschen, die kein Pokémon als treuen Wegbegleiter durch das Leben besitzen. Nachdem sein Vater, ein stadtbekannter Detective, auf mysteriösen Umwegen spurlos verschwindet, begibt sich Tim nach Ryme City um dessen letzten Habseligkeiten entgegenzunehmen. Eines Nachts begegnet er im Appartement seines Vaters einem kleinen gelben Fellknäul, einem Pikachu, welches er zum Entsetzen beider verstehen kann. Pikachu (Ryan Reynolds) rühmt sich als erstklassiger Pokémon Detective und hat sich zum Ziel gesetzt, zusammen mit Tim seinen verschwundenen Vater wiederzufinden. Für das ungleiche Duo beginnt ein spannendes aber gefährliches Abenteuer.
Bereits früh im Film wird klar, wo der Fokus und gleichzeitig seine größte Stärke liegt, denn der Versuch eine kohärente und überzeugende Welt zu schaffen, in welcher Menschen und Pokémon zusammenleben gelingt wunderbar. Die Monster AG (2001) im Blade Runner (1982) Setting ist ein passender Vergleich, um die bunte Atmosphäre in Ryme City zu beschreiben. Die unterschiedlichen Pokémon werden in einer angenehmen Weise in Szene gesetzt, sodass es nicht zu aufdringlich wirkt und die Freude überwiegt, Einstellung für Einstellung neue Wesen zu entdecken. Visuell besticht der Film durch seine gelungenen Effekte, die die fantastische Welt der Pokémon überzeugend auf die Leinwand bannen. Natürlich können gerade junge oder alte Fans des Franchises ihren Nostalgie-Gefühlen freien lauf lassen. Jedoch öffnet sich der Film durch seine atmosphärische Welt, seine interessante Handlung und durch die verschiedensten Kreaturen auch für ein unbefangenes Publikum.
Grundsätzlich erzählt Pokémon Meisterdetektiv Pikachu eine typische Helden-Geschichte, mit all ihren Tief- und Höhepunkten. Diese wird durch den Buddy-Movie Aspekt zwischen Pikachu und dem menschlichen Protagonisten gestützt. Diese Krücke braucht der Film, denn die Erzählung ist von Beginn an sehr durchschaubar und flach. Szenenweise wirkt die Handlung gehetzt, es wird wichtigen dramaturgischen Entwicklungen zu wenig Platz eingeräumt. Den Figuren wird gerade so viel Hintergrund gegeben, dass sich ein minimales Identifikationspotential mit den Charakteren entwickeln kann. Das niedliche Pikachu sorgt mit flotten Sprüchen für eine komikhafte Stimmung, die in vielen Szenen unangebracht wirkt. Grundsätzlich fungiert die Figur von Pikachu als kommentierende Instanz, jede Handlungsentwicklung wird dem Zuschauer, der Zuschauerin verbal vom gelben Meisterdetektiv sofort erneut zu Gemüte geführt. Das Gehirn kann somit ohne schlechtem Gewissen 104 Minuten lang abgeschaltet werden. Auch die charakterliche Entwicklung der Protagonisten entfaltet sich nur sehr spärlich. Die stumpfsinnige und uninteressante Figur des eigentlich wichtigen Antagonisten verliert sich in einer schlichten Belanglosigkeit, dessen treibende Motivation unplausibler nicht sein könnte.
Die authentische Welt und die interessanten Wesen bilden den starken fantasievollen Kern des Films. Eine teilweise spannende Geschichte und reizvolle Figuren, deren dramaturgische Potentiale nicht ansatzweise ausgeschöpft wurden, umrahmen diesen soliden Blockbuster. Pokémon Meisterdetektiv Pikachu funktioniert hervorragend für junge und alte Pokémon-Liebhaber, scheut sich aber nicht mit diesem Film neue Fans einzufangen. Gotta catch ‘em all!
Regie: Rob Letterman, Drehbuch: Dan Hernandez, Benji Samit, Nicole Perlman, Derek Connolly, Rob Letterman, Originalstory: Satoshi Tajiri, Ken Sugimori, Junichi Masuda, Tomokazu Ohara, Haruka Utsui, Darsteller: Ryan Reynolds, Justice Smith, Bill Nighy, Kathryn Newton, Ken Watanabe, Filmlänge: 104 Minuten, Filmstart: 10.05.2019