God of War
Es war nur eine Frage der Zeit, bis Sony sein Konsolen-Flaggschiff God of War wieder zum Leben erweckt. Was dabei herausgekommen ist, überrascht nicht nur Fans der Serie.
Auch wenn es für Neuzugänge der Blockbuster-Reihe eigentlich keine Rolle spielt und nur Kenner der epischen Abenteuer von Protagonist Kratos davon betroffen sein dürften: Eine kleine Spoiler-Warnung hinsichtlich des Ausgangspunktes der Story darf hier gesetzt werden. Die Sache ist nämlich die: In seinem letzten (nummerierten) Auftritt innerhalb der God of War-Reihe hat der Kettenschwert-schwingende Antiheld nicht nur der Haupthandlung ein martialisches Ende gesetzt, sondern damit gleich ganz Griechenland mitsamt all seiner mythologischen Figuren.
Ein Reboot der Serie stellte daher für die Entwickler von Sony Santa Monica auf eine wohl harte Probe: Wie schreibt man sich aus so einer Sackgasse raus? Nun, angesichts des vorliegenden Titels wohl recht simpel. Man lasse den ehemaligen Kriegsgott in einer neuen Umgebung weitere Abenteuer bestreiten, glücklicherweise finden sich ja zahlreiche Sagen und Mythen anderer Völker. So entnimmt man etwa einem Entwickler-Tagebuch, dass neben der nordischen auch die ägyptische Mythenwelt als heißer Kandidat für ein neues Setting diskutiert wurde.
Egal, man entschied sich für die spannende, weil in der Branche noch nicht allzu breit ausgetretene nordische Mythologie, um der langlebigen Spielreihe die notwendige Auffrischung und neue Identität zu verleihen.
Schon die einleitenden Minuten spielen mit der Erwartungshaltung der Gamer: Wo einst noch mit hoch-stilisierten, epischen Action-Sequenzen ein Vorgeschmack auf nachfolgende Adrenalinschüben gegeben wurde, steht nun die Entdeckung einer veränderten Hauptfigur. Neben der Tatsache, dass Kratos sichtlich gealtert ist, scheint auch sein Wesen mehr besonnener als kriegslüstern zu sein. Zudem gesellt sich natürlich noch die Tatsache, das der „Ghost of Sparta“ nun (wieder) in die Vaterrolle schlüpft und als Alleinerzieher für seinen minderjährigen Sohn Atreus Verantwortung zeigen muss.
Als wortkarger Vater übernimmt Kratos die Vorbereitung seines Sprösslings auf zukünftige Herausforderungen mit harscher, distanzierter Disziplin und Strenge. Überraschend zeigt sich dabei aber die vergleichsweise emotionale Tiefe der Figur und eine wirkungsvolle Mentor-Schüler-Dynamik, die zwar nicht an Titel wie etwa The Last of Us reicht, aber als sinnvoller Grundbaustein einer neuen Spielreihe funktional ist.
Im Mittelpunkt der Handlung steht eine mutmaßlich simple Reise zum höchsten Gipfel der neun nordischen Reiche, die natürlich mit zahlreichen Hindernissen, Umwegen und vor allem Gefahren gespickt ist. Erlebt wird dies übrigens aus einer ungewohnten neuen Spiel-Perspektive: Die fix platzierte Kamera ist nun einer aus Shootern bekannten Perspektive über die Schulter der Hauptfigur gewichen, was wohl vor allem der neuen Waffengattung geschuldet ist, die nun zum Einsatz kommt.
Der Überraschungen nicht genug, hat Kratos nun auch nicht mehr zwei mit ihm per Ketten verbundene Schwerter, die ikonischen „Blades of Chaos“ (resp. „Athena“, „Exile“), sondern eine singuläre, dafür aber sehr vielseitige Axt. Dieses mit Eiskräften ausgestattete Werkzeug namens „Leviathan“ birgt dank cleverem Game-Design zahlreiche Combo-Möglichkeiten, die gleichermaßen auf Geschick wie auf Taktik aufbauen. Per Axt werden zudem auch Rätsel (zumeist: Schalter) in der Umwelt aktiviert, was ihre Nützlichkeit einmal mehr unterstreicht.
Die Axt wird gleichermaßen zum Wurfgeschoss wie auch als Nahkampf-Objekt behandelt, das Gegner schaden oder betäuben kann. Einmal geworfen, ist Kratos dank göttlicher Manneskraft aber auch fähig, seine Widersacher mit Fäusten allein zu bewältigen. Rechnet man noch die zahlreichen optional freischaltbaren Fähigkeiten (darunter etwa auch eine neue Kampfstellung) hinzu, die sich per Skill-Tree freischalten lassen, eröffnen sich hier vor allem im späteren Verlauf des Spiels ungeahnt komplexe Gameplay-Momente, die man von einer eher Hack’n’Slash-artigen Reihe wie God of War bis dato eher nicht kannte.
Ohne RPG-artigem Gear-System wäre ein Action-Adventure in der heutigen Zeit kaum denkbar, weswegen sich dieses auch im neuen God of War wiederfindet. Netter Zeitvertreib und wirkungsvolle Methode, die Spielumgebung sowie deren Geheimnisse zu erkunden, aber doch etwas offensichtlich bemüht.
Keine Überraschung bei der Präsentation: In Sachen Optik und Soundkulisse wird das Beste geboten, was man bis dato auf der PS4 geliefert hat. Von opulent gestalteten Landschaften und Gegner, butterweichen Animationen aller Spielfiguren über grandiose Performances aller Synchronsprecher bis hin zum überaus befriedigenden Geräusch einer in die Hand Kratos’ zurück-schnellender Axt: Hier ist jeder Cent zu sehen, der in die Konzeption und Entwicklung gesteckt wurde. Auch eine Erwähnung wert: Der Score von (was für ein Name!) Bear McCreary:
God of War, alles beim Alten und doch alles neu: Eine eindrucksvolle Revitalisierung einer in die Jahre gekommenen Spielreihe ist hier gelungen, die gekonnt alte Stärken – Gameplay, Performance, Präsentation – hervor kehrt und darauf zahlreiche neue Elemente -Spielwelt, Figuren-Dynamik, Taktik-Fokus – aufbaut. Macht zudem auch Spaß. Eine klare Empfehlung für jeden PS4-Besitzer.
Plattform: PS4 (Version getestet), Spieler: 1, Altersfreigabe (PEGI): 18, Release: 20.04.2018, Link zur Homepage