It Comes at Night
Das Monströse, das sich in Trey Edward Shults beklemmendem Horrorthriller des Nachts anschleicht, ist nicht die seine Protagonisten bedrohende Seuche, sondern Furcht.
Die tödliche Krankheit, vor der sich die aus dem 17-jährigen Travis (Kelvin Harrison Jr.) und seinen Eltern Paul (Joel Edgerton) und Sarah (Carmen Ejogo) bestehende Kernfamilie in ihrem Haus tief im Wald verbarrikadiert hat, ist von der ersten Einstellung an unter ihnen. Sarahs greiser Vater (David Pendleton) zeigt die an die Pest erinnernden Symptome dessen, was die Figuren scheinbar in ihre existenzialistische Isolation getrieben hat. Was außerhalb des Waldes liegt, bleibt verborgen. Die Apokalypse ist so unsichtbar wie die Infektion, die Quelle der alles überschattenden Angst ist.
Die Selbstschutzmaßnahmen der Familie sind zugleich erschreckend und absurd angesichts der Endzeit, die ein Gemälde Pieter Brueghels vorwegnimmt. Doch statt auf das weltliche Antlitz des Untergangs fixiert sich die symbolistische Handlung auf das der Seele. Verstörender als die unmittelbaren physischen Anzeichen der Seuche sind deren indirekte Auswirkungen auf die Psyche, wo sie sich als wachsende Paranoia manifestiert. Der zivilisierte Alltag, den Paul in der klaustrophobischen Enge des Zufluchtsorts aufrechterhalten will, ist kaum mehr als traurige Scharade. Das enthüllt sein brutales Zusammentreffen mit Will (Christopher Abbot), der auf der Suche nach Wasser für seine Partnerin Kim (Riley Keough) und den kleinen Sohn Andrew (Griffin Robert Faulkner) in das Haus einbricht.
Durch Travis‘ Augen beobachtet Shults die Zweckgemeinschaft, zu der sich die Überlebenden zusammenschließen, jedoch ohne dabei die empathische Perspektive des Jungen anzunehmen. Das Misstrauen der Erwachsenen schläft nur, eine unbedachte Bemerkung kann es zu neuer Kampfbereitschaft erwecken. Untrügliche Vorboten nahender Schrecken sind die wiederkehrende Albträume, die Travis den Schlaf rauben und bald auch Andrew befallen. Darin wird die Hütte mit ihrer bewusst unergründlich inszenierten Topographie zur Allegorie für Travis Gedankengänge, in denen unausweichlich das metaphysische Monstrum aus dem Wald einzieht. Das Heim ist in dem fesselnden Gespinst aus psychologischem Horror und düsterer Atmosphäre das Un-heimliche, das seine Bewohner einschließt – bis zur Kapitulation vor dem von Brueghel angekündigten Triumph des Todes.
Regie und Drehbuch: Trey Edward Shults, Darsteller: Joel Edgerton, Christopher Abbott, Carmen Ejogo, Riley Keough, Kelvin Harrison Jr., Filmlänge: 92 Minuten, läuft am 03.05. auf dem /slash einhalb 2018