The Zero Theorem
Nicht zum ersten Mal richtet der Regisseur und Ex-Monty Python Terry Gilliam seinen Blick filmisch in Richtung Zukunft. Hat er bei The Zero Theorem jedoch etwas Neues zu sagen?
Qohen Leth (Christoph Waltz) ist ein weltfremder Computerprogrammierer der nächsten Generation, der jedoch Probleme mit seinen Vorgesetzten hat, würde er doch viel lieber von Zuhause Arbeiten anstatt in einer Kabine des Bürogebäudes seiner Firma. Zuhause könnte ihn nämlich jederzeit ein Anruf erreichen (auf den Qohen sehnlichst wartet) und von dem er sich die Enthüllung seines Lebenszieles erhofft. Als das Management seinen Wünschen nachgibt, teilen sie ihm jedoch gleichzeitig einem neuen Projekt zu, dem „Zero Theorem“, welches das Universum bei seinem Abschluss enträtseln sollte. Um ihn noch mehr von seinem hochheiligen Anruf abzulenken, wird zusätzlich der Sohn des Firmenchefs (Lucas Hedges) und ein extrovertiertes Call-Girl namens Bainsley (Mélanie Thierry) auf ihn angesetzt – zu Qohens großem Verdruss.
Die Zukunft, die Gilliam zeichnet, fühlt sich nicht vollständig frisch an, ist doch die dystopische und sozial kalte Großstadt mit ihren bunten Neonlichtern schon seit den 80er Jahren ein immer wiederkehrendes Motiv, dass auch der Wunsch-Engländer selbst schon aufgegriffen hat (Zum Beispiel in Brazil aus 1985). Dennoch ist es nicht uninteressant anzusehen, wie die Vision von Morgen mit neueren Referenzen angereichert wurde – von Facebook wusste Gilliam in den 1980ern eben noch nichts. Auch fand ein Paradgimenwechsel von Orwell zu Huxley statt: Die Gesellschaft der Zukunft richtet sich weniger mit Krieg und dem Überwachungsstaat zu Grunde, sondern mit Genusssucht, Konsum und glänzenden Lichtern. Dieser Atmosphäre zugute kommen die liebevoll gestalteten Sets und die nachbearbeiteten Außenaufnahmen.
Christoph Waltz ist interessant anzusehen als exzentrischer Querulant mit glatt abrasiertem Haupthaar und ebensolchen Augenbrauen. Realistisch wirkt seine Art vielleicht nur betrachtet durch das Prisma einer anderen Zeit – jedoch übermittelt Waltz die Sozialphobie seiner Rolle einfühlsam genug um dem Zuschauer die Möglichkeit zu geben, etwas mit ihm mitzuleiden. Stark kontrastiert wird sein Spiel von Mélanie Thierry, die zuerst etwas zu aufgesetzt fröhlich und unnatürlich wirkt. Dieser Eindruck relativiert sich jedoch, wenn man von ihrem Beruf als Prostituierte erfährt – einen schlechten Schauspieler zu mimen bedarf eben eines besseren Darstellers.
Ästhetisch ist es vollständig Terry Gilliam – Jedes Bild ist genau durchkomponiert, angefangen von Schauspieler bis hin zum nichtigsten Requisit. Auch Nahaufnahmen mit Weitwinkelobjektiven fehlen nicht, die sind jedoch nicht so präsent, um keine blanke Kopie der einschlägig bekannten Fear and Loathing-Aufnahmen darzustellen. Aufwendige Special-Effects Sequenzen gibt es nur spärlich und so wurde für diese auch genug Zeit in der Produktion aufgebracht, um sie einwandfrei zu realisieren. Optisch funktioniert der Film so überaus gut ohne bahnbrechend neue Bilder – Schuster bleib bei deinen Leisten.
Die Handlung selbst hat einige Wendungen, die man leicht kommen sieht – was jedoch der Unterhaltung keinen Abbruch tun muss. Denn trotz der futuristischen Aufmachung von The Zero Theorem liegt der Geschichte ein sehr zeitgenössisches Thema zu Grunde – Die Suche nach einem persönlichen Lebenssinn in einer Welt der Möglichkeiten. Und damit lässt es sich leicht identifizieren.
Regie: Terry Gilliam, Drehbuch: Pat Rushin, Darsteller: Christoph Waltz, Lucas Hedges, Mélanie Thierry, Filmlänge: 107 Minuten, Kinostart: 05.12.2014